Freigelegte Fresken und wiedergefundener Tabernakel: Kirche St. Maurenzen
In der herrlichen Landschaft des mittleren Böhmerwalds steht die romanische Kirche Sankt Maurenzen. Tschechisch wird sie Mouřenec genannt. Der Sakralbau befindet sich auf einem Hügel oberhalb des Dorfes Annín / Annatal. In einer unserer Weihnachtssendungen haben wir über die Bürgerinitiative berichtet, die sich um die Wiederbelebung der mittelalterlichen Sehenswürdigkeit bemüht.
Nach der Wende von 1989 gelang es, die Kirche sowie den Friedhof dank dem Engagement der ehemaligen Bewohner der Region instand zu setzen. Sie wurde 1993 wieder geweiht. Auch konnten wertvolle Fresken in der Kirche freigelegt werden. Lukáš Milota:
„An der Nordwand besteht ein Zyklus des Jüngsten Gerichts. In der Mitte der Komposition ist die Christusfigur gut zu erkennen. Er zeigt dem Betrachter seine Wunden. Links zu seiner Seite kniet Johannes der Täufer, rechts die Jungfrau Maria. Von den Aposteln sind nur noch sechs Figuren erhalten geblieben. In einem weiteren Teil der Wandmalerei ist der Erzengel Michael abgebildet, der in einer Hand die Waage und in der anderen ein Schwert hält. Das Motiv des Erzengels Michael, der die Seelen wiegt, ist für die Böhmischen Länder nur selten belegt. Auf der einen Seite sind zwei Teufel zu sehen, die versuchen, die Seelen mit in die Hölle zu nehmen. Daran kann sie aber die Jungfrau Maria hindern, die an der anderen Seite der Waagschale steht. In der Ecke der Wandmalerei sind zudem drei gut gekleidete Personen dargestellt, die drei Auferstehende treffen. Dieses Motiv beruht auf einer Legende aus dem 13. Jahrhundert, in der die drei Könige drei Toten begegnet sind.“ Zwischen der einen und der anderen Personengruppe befinden sich Spruchbänder, die Texte sind jedoch nicht erhalten geblieben. Über dieser Darstellung sind Heiligenfiguren und Ritter im Harnisch abgebildet. Es wird vermutet, dass einer davon der heilige Moritz oder Mauritius ist, also der Schutzheilige dieser Kirche. Auch die Klosterkirche im Benediktinerstift Niederalteich war diesem Heiligen geweiht. Ganz oben wurde ein Marienzyklus gemalt, diese Fresken sind jedoch stark beschädigt. Der Kunsthistoriker Jan Royt von der Prager Karlsuniversität vermutet, dass dort die Verkündung an Joachim, die Anbetung der drei Könige und weitere Szenen dargestellt sind. Diese Fresken stammen aus dem Jahr 1310. Lukáš Milota ergänzt:„Etwas jünger ist die Freske in der Apsis. Sie stammt aus den 1350er oder 1360er Jahren und stellt die Kreuzigungsszene dar. Zu erkennen sind kleine Figuren, die Christus ans Kreuz schlagen. Die Darstellung mit den kleinen Gestalten ist in Böhmen nirgendwo belegt worden. Professor Royt zufolge sollen die drei Figuren die drei Tugenden Christi symbolisieren: die Liebe, den Gehorsam und die Barmherzigkeit. Dies wird so gedeutet, dass Christus am Kreuz starb, weil er sich durch seine Tugenden stark von den anderen unterschied.“
Während der kommunistischen Zeit wurden Kirche und Friedhof ihrem Schicksal überlassen. In diesen Jahren sind einige Teile der Inneneinrichtung gestohlen worden. Vor kurzem wurde jedoch ein Stück des historischen Mobiliars von Sankt Maurenzen wiedergefunden. Lukáš Milota:„Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass jemand bei einer Internetauktion einen Teil des Altars von Sankt Maurenzen anbietet. Auf dem Artefakt waren das Wappen der Baronin von Andlaw und die Jahreszahl 1703 zu sehen. Es handelte sich um die Tür des Tabernakels. Wir haben in Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden versucht, die Auktion zu stoppen. Dies gelang jedoch nicht. Deswegen entschloss ich mich, den historischen Gegenstand selbst für 6300 Kronen für die Kirche zu ersteigern. Ich hoffe, dass nun das, was einst nach Sankt Maurenzen gehörte, wieder dort installiert wird.“