In Gräfin Kasts Gemächern: Schloss Mníšek pod Brdy
Das klassizistische Schloss ist eine Dominante jenes Städtchens dar, das ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen durch die Landschaft von Brdy ist. Mníšek pod Brdy ist nur etwa 30 Kilometer von Prag entfernt und das Schloss ist praktisch das ganze Jahr geöffnet. In der vergangen Ausgabe des Reiselands Tschechien führten wir Sie durch die Repräsentationsräume des Schlosses und machten Sie mit seiner Architekturgeschichte bekannt.
Schloss Mníšek pod Brdy wurde erst vor einigen Jahren für die Öffentlichkeit geöffnet. Zuvor mussten der denkmalgeschützte Bau sowie der umliegende Park wieder in Stand gesetzt wurden, da sich Jahre lang niemand um die Sehenswürdigkeit gekümmert hatte. Während des Kommunismus nutzte das Innenministerium das Schloss für die Aufbewahrung von Archivmaterialien.
Růžena Langerová führt Touristen durch den ehemaligen Adelssitz. Der schönste Raum ist für sie die Bibliothek. Das ursprüngliche Herrenschlafzimmer verwandelte sich aber erst unter den letzten adeligen Besitzern des Schlosses in eine Bibliothek:
„Dieser Raum hat eine herrliche Decke, die mit zwei Ölmalereien geschmückt ist. Auf der einen ist der Gott Mars mit der Venus und auf der anderen die Verlobung der Venus dargestellt. An der Decke sind noch Spuren von Stuck zu sehen. Als das Schloss vom Innenministerium genutzt wurde, ist ein Großteil des Stucks abgefallen und wird wahrscheinlich nicht mehr erneuert. Denn dies wäre sehr teuer. Der Bücherschrank mit rund 850 Bändern ist jedoch erhalten geblieben.“Weniger prunkvoll ist der folgende Raum, der früher als Arbeitszimmer diente. Familie Kast ließ dort ein Büro errichten, in dem die Verwaltung des Herrenguts ihren Sitz hatte.
Aus den Repräsentationsräumen geht es in weitere Privatzimmer. Diese sind so eingerichtet, wie sie unter den letzten adeligen Erben des Schlosses – den Kasts von Ebelsberg –ausgesehen haben. Die Touristenführerin:„Familie Kast von Ebelsberg ist 1910 nach Mníšek gekommen. Die neuen Besitzer hatten mit dem Schloss große Pläne gehabt. Sie beauftragten den Prager Architekten Matěj Blecha mit der Modernisierung des Schlosses. Im ganzen Schloss wurde eine Versorgung mit fließendem Wasser eingerichtet. Die Privatzimmer wurden mit Bad und Wassertoilette ausgestattet. Das Schloss wurde zudem vollständig elektrifiziert.“
Gräfin Kast hatte ein für die damalige Zeit modernes Hobby: Sie war eine passionierte Fotografin. Sie fotografierte nicht nur Landschaft und Leute, sondern oft auch das Interieur des Schlosses. Die zahlreichen erhaltenen Fotografien waren für die Denkmalschützer wichtig, die vor einigen Jahren für die Instandsetzung des Schlosses sorgten. Růžena Langerová:
„In allen Repräsentationsräumen sind heutzutage Fotos ausgestellt, die einst die Gräfin Kast geschossen hatte. Anhand der Fotografien können sich die Besucher des Schlosses eine Vorstellung davon machen, wie die Räume in den Zeiten der Familie Kast von Ebelsberg eingerichtet waren. Sie können zudem beurteilen, in wie weit es den Denkmalschützern gelungen ist, die Schlossräume entsprechend zu gestalten. Von der Originaleinrichtung des Adeligensitzes ist nur wenig erhalten geblieben. Die Denkmalschützer waren bemüht, das Schloss mit möglichst ähnlichen Möbeln so einzurichten, wie es auch die Kasts eingerichtet hatten.“1945 wurde das Schloss aufgrund der Beneš-Dekrete konfisziert. In den Jahren 1945-46 hatte das Schloss keinen Besitzer, 70 Prozent der Kunstsammlung sind damals verloren gegangen. Ein kleiner Teil der Gegenstände wurde in andere Schlösser in Mittelböhmen transportiert. Nach 1946 übernahm das Innenministerium das Schloss und platzierte dort einen Teil seines Archivs. Zum Glück seien im Schloss keine baulichen Änderungen durchgeführt worden, so Langerová:
„Erst im Jahre 2000 ging das Schloss an das staatliche Denkmalschutzamt. Nachdem das Gebäude geräumt und das Archiv umgezogen war, stand das Schloss praktisch leer. Die Mitarbeiter des Denkmalschutzamtes suchten vor allem in den Schlössern in Mittelböhmen nach Möbeln und Gegenständen, um die vielen Zimmer einzurichten.“In der zweiten Etage befinden sich die Gemächer der Familie Kast. Im geräumigen Salon von Gräfin Theresia Kast fehlt nicht das Bad mit Toilette, das hinter einem Vorhang versteckt ist. In diesem Raum habe die Gräfin auch Besuche empfangen und sei ihren Hobbys nachgegangen, erzählt Růžena Langerová:
„Es war damals üblich, dass die Damen Spitzen klöppeln, sticken und malen konnten. Frau Kast war zudem eine gute Fotografin. Die Kasts von Ebelsberg gehörten nicht zum Hochadel. Sie waren sehr moderne und tüchtige Leute. Sie bemühten sich, sämtliche technische Errungenschaften der damaligen Zeit auszuprobieren. Sie hatten hier auch ein Telefon. Und Baron Kast kaufte kurz nach der Ankunft in Mníšek ein Automobil.“
Die Ställe, die sich damals vor dem Schloss befanden, ließ er in Garagen umbauen. Die Familie reiste sehr oft und gerne und besuchte manchmal ihre Verwandten in Österreich. Baron Kast selbst stammte aus Neděliště bei Hradec Králové / Königgrätz und hatte die Militärakademie absolviert. Fotos mit Militärthematik schmücken das Privatzimmer des Barons, in dem genauso wie im Salon der Gräfin keine der damaligen technischen Neuheiten fehlt. Auf den Originalfotos sind einige Situationen aus Automobilrennen abgebildet, unter den teilnehmenden Wagen lässt sich auch das Schlossautomobil gut erkennen. Als sich Baron Kast in Mníšek niederließ, hatte er auch seine Enkelkinder mit nach Böhmen genommen. Diese hatten ihr eigenes Kinderzimmer.„Hier wurden eine Schulbank und eine Tafel aufgestellt. Man muss jedoch anmerken, dass Kinder in adeligen Familien meistens einen Hauslehrer hatten. So war es dann auch hier. Schule haben die adeligen Kinder nur gespielt. Die hier ausgestellten Puppen sind historische Puppen aus den 1920er Jahren. Sie haben Körper aus Stoff und der Kopf ist nicht aus Porzellan, sondern aus gelacktem, gepresstem Papier. Die Kasts haben sehr auf die musikalische Bildung ihrer Nachkommen geachtet. Darum gibt es hier auch ein Lernklavier. Beleuchtet wurde das Kinderzimmer schon mit kleinen elektrischen Lampen.“ Unter dem historischen Spielzeug findet man auch Puzzle, Domino und Kartenspiele, aber beispielsweise auch ein funktionierendes kleines Bügeleisen aus Messing. Aus dem Kinderzimmer geht es weiter in das Gästezimmer, wo das Kindermädchen mit dem Baby gewohnt hat. Bewundern kann man hier, unter anderem, ein winziges Taufkleid aus einem mit Gold gestickten Brokatstoff. Das Zimmer ist mit weißen Möbeln eingerichtet, die an Möbel aus der Zeit Ludwig XVI. erinnern. Der letzte Raum der Führung ist die Damengarderobe mit dem Badezimmer.Schloss Mníšek pod Brdy ist das ganze Jahr hindurch geöffnet. Einzelheiten über die Öffnungszeiten finden Sie unter www.zamek-mnisek.cz