Aus Peru nach Böhmen: Huldigung an die Kartoffel im Landwirtschaftsmuseum
Der Kartoffelsalat darf in Tschechien zu Weihnachten und an anderen Feiertagen auf dem Festtisch nicht fehlen. Auch Kartoffelknödel passen zu bestimmten Gerichten viel besser als Semmelknödel. Kartoffelbrei und Kartoffelpuffer gelten als beliebte Beilage. Aus Kartoffelteig werden nicht nur süße Obstknödel gekocht, sondern auch Kuchen gebacken. Die Kartoffel in ihren verschiedenen Formen gehört einfach in die böhmische Küche. Zum Internationalen Jahr der Kartoffel, das 2008 begangen wird, bereitete das Nationalmuseum für Landwirtschaft eine Ausstellung vor, die für eine breite Öffentlichkeit interessant ist.
„Kartoffeln wurden in Peru schon vor 8000 Jahren angebaut, noch lange vor dem Reich der Inkas in den präkolumbianischen Kulturen. Als auf Initiative der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) das Jahr 2008 von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr der Kartoffel erklärt wurde, wurde Peru eingeladen, sich an allen Veranstaltungen, die auf der Welt in diesem Zusammenhang stattfinden, zu beteiligen. Nach Prag haben wir einen Teil der Ausstellung gebracht, die eben im Uno-Sitz in New York gezeigt wurde. Anhand der Fotos kann man sehen, was für Kartoffelsorten in Peru angebaut werden. Der Begleittext beschreibt den Anbau und die Verwendung von Kartoffeln in Peru.“
Die Bilder aus Peru bilden den Anfangsteil in der Ausstellung, die vom Prager Museum vorbereitet wurde. Der Botschafter sagte während der Besichtigung der Ausstellung:
„Ein Experte sagte mir, dass die in Tschechien üblichen Kartoffelsorten aus den peruanischen Kartoffeln gezüchtet wurden. In Tschechien gibt es etwa 86 Kartoffelsorten, in Peru sind es 3840 Kartoffelsorten. Es gibt Sorten, die wegen der unterschiedlichen klimatischen Bedingungen hier nicht angebaut werden können. Wir nehmen an, dass sich Kartoffeln seit dem 16. Jahrhundert, als sie nach Spanien gebracht wurden, genetisch verändert haben.“
In Peru wurde dem Botschafter zufolge von der Uno ein Internationales Zentrum für die Kartoffelerforschung errichtet:
„Tschechien ist Mitglied des Zentrums, in Lima wirken auch tschechische Forscher. Wissenschaftler aus der ganzen Welt arbeiten dort gemeinsam mit Universitäten in der Kartoffelforschung zusammen.“Kartoffeln sind für die Peruaner aber nicht nur Nahrungsmittel, sagte Alberto Salas:
„Auf dem Lande werden Kartoffeln auch zu medizinischen Zwecken genutzt. Es wird behauptet, dass Kartoffelstärke für Umschläge bei Kopfschmerzen gut sei. Gegorene Kartoffeln werden gegen Husten benutzt.“Durch die Kartoffelausstellung begleitete mich Kuratorin Dana Strnadová:
„Nach Europa wurden Kartoffeln in zwei Etappen gebracht: In den 60er Jahren des 16. Jahrhunderts wurden Kartoffeln über das spanische Sevilla in weitere Länder Europas geschafft. Später – in den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts - wurden Kartoffeln über Irland und England nach Nordeuropa gebracht und von dort aus wiederum nach Nordamerika, wo sie bis zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt waren. Erstmals erwähnt wurden Kartoffeln in unserem Land 1632. Damals wurden Kartoffeln bei Graf Wilhelm Slavata von Chlum und Košumberk in Jindřichův Hradec / Neuhaus serviert. Slavata bekam die Kartoffeln als Geburtstagsgeschenk von den Neuhauser Franziskanern.“
Der Kartoffelanbau verbreitete sich verhältnismäßig langsam. Im 17. Jahrhundert wurden die Kartoffeln noch nicht als Feldkultur angebaut, aber man kannte sie bereits als Pflanze.„Wenige Leute wissen, dass Kartoffeln nicht nur als eine wichtige landwirtschaftliche Frucht, sondern in der Vergangenheit auch als ein bedeutendes Heilmittel genutzt wurden. So ist roher Kartoffelsaft gut für die Verdauung und lindert Spannungen bei Krämpfen. Die Kartoffelstärke wurde früher von Masseuren benutzt. Ekzemen und Schwellungen wurden mit Kartoffeln behandelt. Und wenn jemand einen starken Husten hatte, wurde ihm empfohlen, sogar den Dampf vom Kartoffelkraut zu inhalieren.“
Ursprünglich wurden die Kartoffeln nur als eine botanische Kuriosität angebaut, sagt die Kuratorin.„Sie wurden in Kloster- und Stadtgärten angebaut. Als Nahrungsmittel wurden Kartoffeln erst in der Zeit der Hungernot entdeckt. Bei uns verbreitete sich der Kartoffelanbau in der Mitte des 18. Jahrhunderts. In einigen Regionen wurden Kartoffeln erst am Anfang des 19. Jahrhunderts auf Feldern gezüchtet. Man hat auch süße Speisen aus Kartoffeln zubereitet. Schon früh wurden in Böhmen beispielsweise Kartoffelsuppen gekocht. Heute weiß kaum jemand mehr, dass Kartoffelhälften einst zum Glas- und Spiegelputzen benutzt wurden.“
Das Museum rechnet damit, dass die Kartoffelausstellung auch von Schulklassen besucht wird. Eine Lektorin vom Museum bereitet für die Schüler Arbeitshefte vor, sagt Dana Strnadová.
„Die Kinder können dann auf einer Landkarte den Weg der Kartoffeln von Südamerika nach Europa nachzeichnen. Sie können illustrieren, wie die Knollen auf den Schiffen transportiert wurden. Oder sie können an einem Ratespiel teilnehmen: Auf einer magnetischen Tafel sind verschiedene Pflanzen ohne Blüten befestigt. Die Kinder sollen dann raten, zu welcher Pflanze eine bestimmte Blüte gehört. Es geht dabei nicht nur um Kartoffeln, sondern auch um Gurken, Erbsen und andere Pflanzen. Und schließlich haben die Kinder die Möglichkeit, aus Kartoffeln Stempel zu basteln und mit Textilfarben dann Stoffe zu bedrucken. Ein Computerspiel darf auch nicht fehlen: Beim Computerspiel simulieren die Kinder das Züchten einer Kartoffel, wobei sie verschiedene Aufgaben erfüllen müssen, für die sie Punkte sammeln.“ Kartoffeln werden der Kuratorin zufolge fast in ganz Tschechien angebaut, durch Kartoffelanbau ist vor allem die Region von Vysočina bekannt geworden. Dort, in Havlíčkův Brod / Deutschbrod hat auch das Institut für Kartoffelforschung seinen Sitz. Man merkt der Ausstellung an, dass sie von Kartoffelliebhabern vorbereitet wurde.„Kartoffeln habe ich von allen Beilagen am liebsten. Sie sind nicht so kalorienreich wie beispielsweise Knödel. Und vor allem kann man sie auf verschiedene Weise zubereiten. Man kann sie kochen, braten, in der Schale backen. Ich mag das ganz einfache Gericht wie gekochte Kartoffeln mit Quark oder aber auch die Kartoffelsuppe.“
Wenn Sie die tschechische Bezeichnung für Kartoffeln „brambory“ an Brandenburg erinnert, ist das kein Zufall: Denn die Kartoffeln haben sich in Böhmen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stärker verbreitet. Damals wurden sie mit den Heeren von Friedrich dem Großen aus Brandenburg ins Land gebracht. Die ältere Generation nennt manchmal die Kartoffeln auch „erteple“ – also Erdäpfel. In einigen Regionen benutzt man anstelle des Wortes „brambory“ eher das Wort „zemáky“, was vom Wort „země“ – die Erde abgeleitet wird. Und in Ostrava kann man auch das wohlklingende Wort „kobzole“ anstelle von „brambory“ hören. Die Ausstellung rund um die Kartoffel ist im Prager Landwirtschaftsmuseum noch bis zum 3. August dieses Jahres zu sehen. Falls Sie wissen, in welchem Prager Stadtteil sich das Nationalmuseum für Landwirtschaft befindet, können Sie es uns schreiben, denn so lautet auch unsere heutige Quizfrage, für deren richtige Beantwortung Sie ein Buch über Prag gewinnen können. Ihre Zuschriften richten Sie bitte an Radio Prag, Vinohradská 12, PLZ 120 99 Prag 2.In der Sendung vor vier Wochen fragten wir Sie nach dem Namen des Klosters, in dem die Nationalgalerie die mittelalterliche Kunst ausstellt. Es ist das Agnes-Kloster. Ein Buch über Prag geht diesmal an Helmut Höhn aus Rodenbach.
Fotos: Autorin