Technische Universität Prag fördert Studentenaustausch
In der vergangenen Woche hat die Jahreskonferenz der europäischen Organisation International Erasmus Student Netwerk, kurz IESN, zum ersten Mal in der tschechischen Hauptstadt stattgefunden. Ihre Teilnehmer kamen aus insgesamt 28 europäischen Ländern, die sich zu den IESN-Mitgliedern zählen. Man tauschte sich über die Förderung des Erasmusprogramms aus, das seit bereits 20 Jahren unter der Federführung der Europäischen Union den internationalen Studentenaustausch fördert. Die nationalen Studentenklubs sind dabei ihre - im besten Sinne des Wortes - Handlanger. Jitka Mladkova unterhielt sich am Rande der IESN-Konferenz mit zwei Vertretern der Technischen Universität Prag, die in diesem Bereich zu den aktivsten gehört:
"Im Prinzip trifft es nur für die englischsprachigen Länder zu, dass die Nachfrage unserer Studenten das Angebot übersteigt. Die Auswahl wird mit Hilfe von anspruchsvollen Sprachtests durchgeführt. Auch für andere Länder müssen entsprechende Sprachkenntnisse vorhanden sein, doch die Konkurrenz ist nicht so groß. Es werden weder die Quoten noch die finanziellen Möglichkeiten für das Studium in anderssprachigen Ländern in vollem Umfang ausgeschöpft."
Nach Informationen von Vaclav Havlicek ist das Interesse abgesehen von den USA und Großbritannien für die alten EU-Länder am größten. Der höchste Anteil - 25 Prozent aller Auslandstudierenden - entfällt auf die deutschsprachigen Länder, also Deutschland und Österreich, gefolgt von Frankreich und Italien, ziemlich groß ist auch das Interesse am Studium in Spanien. Nun, worauf ist aber die Tatsache zurückzuführen, dass die vorhandenen Quoten für einige Länder nicht voll ausgeschöpft werden? Sind es die oft diskutierten mangelnden Fremdsprachenkenntnisse junger Tschechen? Wie ist es um den Sprachunterricht an der Technischen Universität bestellt? Auch diese Fragen habe ich an ihren Rektor gerichtet:
"Bei uns gilt an allen Fakultäten Englisch als Pflichtfach, denn ohne Englischkenntnisse kann man in der Welt der Technik kaum existieren. An einigen Fakultäten wie zum Bespiel der elektrotechnischen sind zwei Fremdsprachen Pflichtfächer. Zur Auswahl stehen Deutsch, Spanisch, Italienisch, Russisch oder andere Sprachen. Im Vergleich zu Englisch ist aber das Interesse der Studenten für diese Sprachen nicht so groß. Andernfalls könnten ganz bestimmt noch mehr Studenten im Ausland studieren."
Auf die Frage, ob außer den unzureichenden Sprachkenntnissen auch die traditionelle Zurückhaltung oder sogar Angst vor der unbekannten Welt oder aber Bequemlichkeit eine gewisse Rolle spielen, antwortet Havlicek folgendermaßen:
"Ganz bestimmt haben Sie recht. Ein Teil der Studenten hat keine Motivation ins Ausland zu gehen. Ich muss aber die Kritik auch an die eigenen Reihen richten. Einige Lehrstühle wollen nämlich nicht alle an ausländischen Hochschulen absolvierten Prüfungen akzeptieren. Konservative Akademiker argumentieren, dass Lehrprogramme hierzulande und in einigen Ländern nicht kompatibel sind und verlangen von Studenten nach ihrer Rückkehr zusätzliche Tests. Ich bin zwar dagegen, kann mich aber nur moralisch dagegen wehren. Unser Hochschulgesetz ist so konstruiert, dass die Fakultäten in den Bereichen Unterricht, Wissenschaft, Forschung und Etat absolut autonom sind."Dieses Prinzip sei auch richtig, meint der Rektor und deutet an, dass sich durch den allmählichen Generationenwechsel in diesem Bereich ein flexibler Blickwinkel der Lehrkräfte zunehmend durchsetzt. Mit Genugtuung erwähnt Professor Havlicek, dass der Studentenklub an der Technischen Universität in Prag zu den aktivsten innerhalb der gesamten Internationalen Studentenunion gehört. Lobende Worte findet er zum Beispiel für Veranstaltungen des Klubs, bei denen sowohl ausländische Studenten über ihre Studienerfahrungen in Tschechien sprechen, kritische Reflexionen einbegriffen, als auch unsere Studenten über ihren Auslandsaufenthalt berichten. Und worin sieht er persönlich die Bedeutung des Studentenaustausches?
"Ohne diese Aktivitäten wäre die Konkurrenzfähigkeit unserer Studenten auf dem europäischen Arbeitsmarkt deutlich eingeschränkt, auch wenn ihre Fachkenntnisse nicht selten besser sind als die ihrer Kommilitonen aus weiter entwickelten europäischen Ländern. Im Ausland lernen sie die Fähigkeit besser zu kommunizieren, sich in der Fremdsprache zu verständigen und eigene Ideen zu präsentieren. Jemand, der mindestens ein Auslandssemester absolviert hat, kehrt als ein anderer Mensch zurück."
Der von dem CVUT-Rektor erwähnte Studentenklub (ISC) ist seit 2002 Mitglied des International Erasmus Student Network (IESU). Um eine kurze Beschreibung baten wir Michal Mildorf, der im Klub mit Herz und Seele mitarbeitet:
"Unser Klub zeichnet sich meiner Meinung nach durch einigermaßen spezifische Aktivitäten aus. Eine davon sind die Sprachkurse, für die wir mit einem Preis der EU ausgezeichnet wurden. Diese Kurse werden bei uns von ausländischen Studenten für tschechische oder andere ausländische Studenten veranstaltet. Jedes Jahr werden an unserer Universität Dutzende von Kursen in verschiedenen Sprachen angeboten. Dies geschieht auf freiwilliger Basis, das heißt, dass es keinen fixen Unterrichtsplan gibt. Man geht auch gemeinsam aus und unterhält sich in der jeweiligen Fremdsprache. Dieses Unterrichtsmodell hat auch unsere Kollegen von anderen Studentenklubs inspiriert und wurde von vielen übernommen, nicht nur in Tschechien."
Die Klubmitglieder kümmern sich aber auch um ihre ausländischen Kommilitonen, und dies im Prinzip schon vor ihrer Ankunft in Tschechien. Man nennt es Assistenzprogramm. Es fängt mit einem Mailaustausch an, irgendwann später holt man den Neuankömmling am Flughafen oder am Bahnhof ab und hilft ihm anschließend bei der Orientierung im unbekannten Land. Michal Mildorf erläutert:
"Der Gemeinschaft von 300 - 400 Studenten, die pro Semester aus dem Ausland zum Studium an unsere Universität kommen, steht ungefähr dieselbe Zahl tschechischer Studenten für die Zeit ihres Aufenthaltes zur Seite. Viele freunden sich an und das hilft den Ausländern, die Tür zur tschechischen Gesellschaft zu öffnen. Oft besuchen sie die Familien ihrer tschechischen Pendants."
Welche Probleme machen ausländischen Studenten in Tschechien am häufigsten zu schaffen?
"Das größte Problem gleich am Anfang ist meistens mit der Einschreibung für die Kurse verbunden. Es passiert zum Beispiel, dass Kurse, die ursprünglich ausgeschrieben waren, doch wieder gestrichen wurden, und statt dessen neue angeboten werden. Problematisch ist, dass nicht alle Kurse in Englisch gegeben werden usw. Im Laufe der Zeit haben die Studenten mit mangelnden Sprachkenntnissen der Bevölkerung zu kämpfen. Hier in Prag, denke ich, ist das Problem nicht gravierend, aber schon unweit außerhalb von Prag ist die Situation anders und es ist nicht leicht für eine Einzelperson, sich zu verständigen."
Mildorf kann aber auch aufgrund eigener Erfahrungen aus dem spanischen Valencia Vergleiche ziehen. Er hat dort zwei Semester absolviert. Ein Betreuer stand ihm nicht zur Verfügung:
"Der Anfang war wirklich schwer. Eine Unterkunft mithilfe eines begrenzten Wortschatzes zu finden war nicht leicht. Aber nach einiger Zeit war die Eingliederung in das Studentenambiente viel besser. Von Vorteil war, dass ich meine Kurse auf Spanisch absolvieren konnte. Etwas Spanisch habe ich zwar bereits in Prag gelernt, aber erst während des Studiums in Spanien sind meine Sprachkenntnisse besser geworden. Valencia selbst ist eine internationale Universitätsstadt mit 2000 bis 3000 internationalen Studenten. Das Leben dort war perfekt."