Astronomen der ganzen Welt trafen sich in Prag
In den vergangenen beiden Wochen wurde in Prag ein neues Kapitel der internationalen Astronomie geschrieben. Die tschechische Hauptstadt war Schauplatz des Weltkongresses der IAU - der International Astronomy Union, der alle drei Jahre stattfindet, und zwar in der Regel jeweils auf einem anderen Kontinent. Diesmal fiel die Wahl auf Prag und damit ist Tschechien eines der drei Länder geworden, wo das Astronomentreffen bereits zum zweiten Mal ausgetragen wurde. Zum ersten Mal fand es in Prag im Jahr 1967 statt
Sicherheit kann man behaupten, dass sich nicht nur Johannes Kepler oder Tycho Brahe einige Jahrhunderte davor um das wiederholte Zustandekommen des Kongresses in Tschechien verdient gemacht haben. Die tschechische Astronomie kann sich auch heute mit illustren und international anerkannten Vertretern rühmen.
Zweieinhalbtausend Astronomen aus der ganzen Welt haben sich diesmal in Prag eingefunden, um über die Neuigkeiten in ihren Fachbereichen zu berichten und über vieles zu diskutieren. Unter den tschechischen Teilnehmern war auch der renommierte Astrophysiker Jiri Grygar, der sich hierzulande auch durch die Popularisierung der astronomischen Wissenschaft im Radio und Fernsehen einen Namen gemacht hat.
Auf die Frage, welches also die interessantesten Themen waren, mit denen sich die Kongressteilnehmer befasst haben, sagte Jiri Grygar spontan: es seien so viele gewesen, dass man sie in einem kurzen Gespräch gar nicht aufzählen könnte. Für ihn persönlich habe es mehrere "Rosinen" in dem Programmkuchen gegeben, wie z.B. die Erforschung der Planeten des Sonnensystems:
"Vor allem die Erforschung des Planeten Saturn einschließlich des Systems seiner Ringe und Monde, etwa des Mondes Titan. Ein großer Programmblock wurde dem Mars gewidmet, der immer noch unter der Kontrolle der ihn umkreisenden Sonden steht, die außerordentlich präzise sind und zugleich auch die Schichten unter der Marsoberfläche gut analysieren können. Allein dieser Programmteil, der dem Sonnensystem galt, war hervorragend."Es gab natürlich viel mehr Faszinierendes! Dass auf dem Astronomentreffen u.a. Bilder gezeigt wurden, die dem Erdbeben ähnliche Prozesse auf der Sonne erfassten, hält Grygar für eines der größten Ereignisse des Kongresses. Neues zu berichten gab es aber auch in dem Bereich, den der tschechische Astronom als Angelegenheit seines Herzens bezeichnet - die Erforschung der Sterne:
"Da hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Sterne zu zweit, zu dritt, zu viert und ähnlichen Gemeinschaften koexistieren. Wenn man über entsprechend gute Daten über diese Gemeinschaften verfügt, kann man verfolgen wie sich die Sterne entwickeln und vor allem, wie sie entstehen. Die Entstehung der Sterne gilt nämlich als eines der letzten großen Rätsel des Alls, die immer noch auf ihre Entschlüsselung warten. Ich glaube, der Prager Kongress hat Beweise dafür gebracht, dass wir der Entstehung der Sterne bereits auf der Spur sind."
Gibt es etwas, wodurch der Prager Weltkongress der Astronomen in die Geschichte eingehen wird?
"Das ist ohne einen Zeitabstand schwer zu sagen. Ich möchte hier vielleicht bei dem IAU-Kongress einhaken, der im Jahr 1967 in Prag stattfand. Jetzt kann man schon sagen, dass es ein historischer Kongress war. Zum ersten Mal wurde hier der Vorschlag präsentiert, eine astrometrische Weltraumsonde zu konstruieren. Sie wurde später auch unter dem Name Hyparcos in den Weltraum geschickt, bis dahin hat es aber 22 Jahre gedauert. Also so lang muss manchmal der Zeitabstand sein, bis etwas Historisches über die Bühne geht. Mit anderen Worten gesagt, die Bedeutung verschiedener Ereignisse des jüngsten Astronomenkongresses werden wir oder unsere Nachfolger erst in zehn, oder vielleicht in zwanzig, fünfzig Jahren einschätzen können. Dann wird man sagen: Genau das begann 2006 auf dem Kongress in Prag."
Immerhin: Die Frage "Wie war der Prager Astronomenkongress?" scheint quasi überflüssig. Die Antwort war vorauszuahnen. Jiri Grygar:
"Der Kongress war absolute Spitze und wir werden uns noch eine längere Zeit über die hier präsentierten Erkenntnisse freuen und viele erst nachträglich genießen, weil es natürlich nicht möglich war, allen parallel laufenden Vortragsreihen beizuwohnen."
Als historisches Ereignis des IAU-Kongresses 2006 dürfte aus tschechischer Sicht ohne Zweifel gelten, dass es vor dem internationalen Astronomenforum hieß, die Tschechische Republik könnte im kommenden Jahr als erstes postkommunistisches Land Mitglied des prestigereichen Forschungsinstituts "ESO - European Southern Observatory" - auf Deutsch "Europäische Südsternwarte", werden. Die 1962 gegründete Organisation mit Sitz in Garching bei München verfügt über mehrere Teleskope in Chile, darunter auch vier mit je einem Hauptspiegeldurchmesser von 8,2 Metern. Der Direktor des Astronomischen Instituts bei der tschechischen Akademie der Wissenschaften, Petr Heinzel, sagte uns dazu:
"Die Eintrittskarte in die ESO ist sehr teuer. In den letzten Jahren hat sich die Tschechische Republik mittels des Nationalen Komitees für Astronomie, in dem Experten verschiedener Forschungsinstitute aus der ganzen Republik vereint sind, sehr in Sachen unseres ESO-Beitritts engagiert. Dieser erfordert u.a. komplizierte Verhandlungen auf Regierungsebene. Tschechien muss sich als leistungsfähiger Partner erweisen."
Auf dem Astronomenkongress wurde aber noch etwas diskutiert, was besonders die Öffentlichkeit mit großem Interesse verfolgte. Nämlich die Zahl der so genannten klassischen Planeten, und die hat man in Prag von neun auf acht reduziert. Die Astronomen haben Pluto den Planetenstatus entzogen. Die Tatsache, dass man sich auf dem Astronomenkongress auf eine neue Definition des Planeten geeinigt hat, gilt für die meisten Experten nicht als etwas, was dieses Treffen in die Geschichte eingehen lassen wird:
"Ganz bestimmt nicht. Das war nur ein Ereignis am Rande, im Prinzip eine Angelegenheit der Terminologie. Mit dem astronomischen Fortschritt hat es meiner Meinung nach nur das gemein, dass man festgestellt hat, dass die Planeten in ihren Äußerungen differenzierter sind als früher geglaubt wurde. Dies war der Grund, neue Definitionen zu formulieren."