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5) Klassiker der tschechischen Animation: Filme für Kinder

Křemílek und Vochomůrka (Quelle: Tschechisches Fernsehen)

Die zwei weißen Kaninchen Bob und Bobek, die beiden Kobolde Křemílek und Vochomůrka, der riesige Hund Maxipes Fík oder die Sockenfresserchen Lichožrouti – sie alle gehöre heute zu den Klassikern des animierten Kinderfilms in Tschechien. Vor allem für den Fernseh-Abendgruß entstanden zahlreiche Serien, die bis heute beliebt sind und unvergessliche Figuren geschaffen haben.

„Bob und Bobby“ als Maskottchen der Eishockey-Weltmeisterschaft 2015

Raus aus den Federn und zur Morgengymnastik angetreten – diese Aufforderung des Kaninchens Bob an seinen kleineren Kameraden Bobek kennen die Kinder in Tschechien genauso gut wie dessen Protest, dass es schließlich noch Nacht sei. „Bob und Bobby“ heißt die Serie in der deutschen Übersetzung, die die beiden weißen Langohren bei ihren Reisen im fliegenden Zylinder begleitet. Erfunden hat sie Vladimír Jiránek, und 1978 wurde der erste Teil von insgesamt 91 produziert. Die beiden Kaninchen sind bis heute derart populär, dass sie 2015 auch Maskottchen der Eishockey-Weltmeisterschaft waren.

Vladimír Jiránek  (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Regisseur Jiránek wurde weltweit auch für andere Filme ausgezeichnet. 1984 erzählte er in den Inlandssendungen des Tschechoslowakischen Rundfunks:

„Beim Berliner Filmfestival 1978 bekam ich einen Preis für den Film ‚Co jsme udělali slepicím‘ (zu Deutsch: Was haben wir den Hühnern angetan, Anm. d. Red.). Er erzählt die Geschichte einer Henne, die sich auf dem Altar der Konsumgesellschaft opfert. Das hat mir viel bedeutet. Ich hatte zunächst Befürchtungen, dass der Film nicht aussagekräftig genug sei. Aber das Publikum hat ihn verstanden.“

Pat und Mat  (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Jiránek studierte ursprünglich Journalismus. Seine Zeichnungen wurden in Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt. Aber der eigentliche Erfolg kam mit den Filmfiguren für Kinder. Neben Bob und Bobek gehörten dazu die tollpatschigen Hobbyhandwerker Pat und Mat. Beide Serien wurden regelmäßig im tschechischen Abendgruß gesendet, ähnlich dem DDR-Sandmännchen. Der Zeichner Štěpán Mareš bekennt sich als Fan:

Štěpán Mareš  (Foto: Cuclinek,  Wikimedia Commons,  CC0)

„Ich liebe Jiráneks Bilder, sie sind wunderbar. Von klein auf haben sie mich fasziniert, und ich wollte damals zeichnen wie er. Bob und Bobek sind tolle Figuren, die zu meiner Kindheit gehören.“

Heisere Stimme dank einer Zigarre

Josef Dvořák  (Foto: Elena Horálková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Ihre Stimmen bekamen die Kaninchen vom Schauspieler Josef Dvořák verliehen. Dieser ist auch in einer weiteren legendären Serie zu hören, dem „Maxipes Fík“. Die Abenteuer des überdimensionalen Hundes Fík und des Mädchens Ája hat sich Rudolf Čechura ausgedacht. Der zeichnerischen Umsetzung nahm sich Jiří Šalamoun an. Dvořák erinnert sich an eine Feier am Abend vor den ersten Aufnahmen:

„Maxipes Fík“  (Quelle: Tschechisches Fernsehen)

„Ich weiß nicht, wie ich auf die Idee kommen konnte, aber an dem Abend habe ich eine Zigarre geraucht. Am nächsten Morgen wurde mir ganz anders, denn ich war total heiser. Also wollte ich ins Studio fahren, um mich krank zu melden und zu erklären, was passiert ist. Als ich dort ankam und zu sprechen begann, fingen die Augen des Regisseurs Bedřich an zu leuchten. Er lobte mich als fleißigen Schauspieler, der sich gut auf seine Rolle vorbereitet. Er fand, dass der Hund genauso heiser klingen müsse.“

„Mach a Šebestová“  (Foto: Tschechisches Fernsehen)

So begannen 1975 die Arbeiten am „Maxipes Fík“. Nur ein Jahr später entstand ein weiterer Klassiker des Abendgrußes, diesmal aus der Feder von Adolf Born. Gemeinsam mit dem Drehbuchautor Miloš Macourek entwickelte er die Figuren von „Mach a Šebestová“ (Der Mach und die Schebestová).

„Mach a Šebestová“  (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Wie in diesem Lied besungen wird, sind beide Schüler der Klasse 3B. Eines Tages bekamen sie einen magischen Telefonhörer geschenkt, der ihnen seitdem jeden Wunsch erfüllt und mit dem sie durch die Welt und die Zeit reisen. Jeder Teil der Serie beginnt damit, dass Mach im Treppenhaus auf dem Geländer herunterrutscht und an der Tür von Schebestová klingelt, um mit ihr gemeinsam zur Schule zu gehen. Dabei leuchtet sein linkes Ohr auf, wenn er im richtigen Stockwerk angekommen ist.

Adolf Born schwärmte in einem Interview von der Zusammenarbeit mit Miloš Macourek:

Adolf Born  (Foto: Jan Sklenář,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

„Unsere Freundschaft weitete sich auf unsere Berufe aus. Wir arbeiteten zudem mit dem Chef-Zeichner Jaroslav Doubrava zusammen. Machs Rutschfahrt auf dem Treppengeländer hatten wir uns schon ausgedacht, da kam Doubrava auf die Idee mit dem blinkenden Ohr – genauso wie bei einem Auto. Das haben wir sofort eingefügt.“

Schnelle Gags schulen Reaktionsfähigkeit

Quelle: Verlag Albatros

Die Geschichten von Mach und Schebestová wurden später auch als Buch, Spielfilm und Theaterstück herausgegeben. Neben der Arbeit für das Fernsehen hat Adolf Born mehr als 350 Bücher illustriert. Für den Zeichner hatte aber gerade die Fernsehserie nicht nur einen unterhaltsamen, sondern auch einen schulenden Effekt:

„Diese Zeichentrickfilme haben die Kinder in der Reaktion auf schnelle Gags trainiert. Damit waren sie intelligenter als die Erwachsenen, die daran nicht gewöhnt waren. Die Arbeit für Kinder ist toll. Aber sie sind auch keine Heiligen und können einen manchmal ganz schön aufregen.“

„Pohádky z mechu a kapradí“  (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Ihren festen Platz unter den Serienklassikern für Kinder haben auch die „Pohádky z mechu a kapradí“ (Geschichte zwischen Moos und Farn), die ab 1966 ausgestrahlt wurden. Die Vorlage dazu bildete das gleichnamige Buch von Václav Čtvrtek. Es handelt von den beiden Kobolden Křemílek und Vochomůrka (Kasimir und Fliegenpilz), die sich ihre Hütte in einem Baumstumpf eingerichtet haben. Die Zeichnungen stammen von Zdeněk Smetana. Es sei nicht einfach gewesen, den beiden Figuren das passende Aussehen zu verleihen, erinnerte sich der Künstler später:

Zdeněk Smetana  (Foto: Tschechisches Fernsehen)

„Das hat mich viel Arbeit gekostet. Ein halbes Jahr lang habe ich die Zeichnungen in den Papierkorb geworfen. Auf einmal haben sie sich mir aber von allein enthüllt.“

Auf Smetanas Arbeiten war Jiří Kubíček aufmerksam geworden, der ebenso wie der Zeichner an der Film- und Fernsehfakultät der Akademie der musischen Künste (FAMU) in Prag beschäftigt war:

„Zdeněk Smetana war vor allem ein ausgezeichneter Trickfilmzeichner. Er trat 1958 in die Geschichte des Animationsfilms ein mit einer echten Rock’n’Roll-Nummer, nämlich dem Spielfilm ‚Die Erschaffung der Welt‘ von Eduard Hofman. In den 1960er Jahren begann er auch, Regie zu führen. Seine Domäne waren Zeichentrickfilme. Insgesamt hat er fast 200 Animations- und Spielfilme gedreht.“

Lichožrouti so geheimnisvoll wie Radiomoderatoren

Rákosníček  (Quelle: Tschechisches Fernsehen)

Von Smetana stammt eine weitere berühmte Abendgruß-Figur: der grüne Kobold Rákosníček, der im Schilfrohr lebt. Diesen wie auch Křemílek und Vochomůrka synchronisierte die bekannte Schauspielerin Jiřina Bohdalová. In einer Talkshow verriet sie einst, wie sie diese besondere Stimmlage entwickelte. Anlass war ein Streit mit dem Kollegen Jiří Sovák, dem die resolute Bohdalová eine Ohrfeige gab:

Jiří Sovák  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks)

„Als ich ihm diese verpasst habe, deutete er an, mich zu würgen. In diesem Moment kam der Regisseur Martin Frič hinzu und fragte ungläubig, was wir da machen würden. Laut Sovák soll ich dann mit dieser verstellten Stimme gesagt haben: Ach nichts, wir klären hier nur ein paar Dinge.“

Zu den Werken, die erst in jüngster Vergangenheit zum Klassiker geworden sind, gehört der Kinofilm „Lichožrouti“ von 2016. Die Regisseurin und bildende Künstlerin Galina Miklínová hat für ihn kleine bunte Figuren erschaffen, die im Haus der Menschen immer nur eine, nämlich die linke Socke fressen. Zunächst erzählte Miklínová diese Geschichte in einem Buch, bei dem sie der Schriftsteller Pavel Šrut unterstützte:

„Lichožrouti“  (Quelle: Tschechisches Fernsehen)

„Die Figur des Lichožrout entstand eigentlich für das Buch ‚Příšerky a příšeři‘ (Ungeheuerchen und Ungeheuer, Anm. d. Red.). Pavel Šrut hat sie dafür in einem Gedicht beschrieben. Auf den ersten Zeichnungen hatte sie weder Arme noch Beine und sah aus wie ein umgedrehter Strumpf. Šrut hat sie dann mit Beinen, Armen und auch Ohren ausgestattet. Daraufhin musste ich sie dann umarbeiten.“

Hihlík  (blau) im Film „Lichožrouti“  (Quelle: Tschechisches Fernsehen)

Die Hauptfigur des Films ist das Sockenfresserchen Hihlík, das sich nach dem Tod des Großvaters auf die Suche nach seinem letzten noch lebenden Angehörigen begeben muss. Pavel Šrut räumte ein, dass er seinen Helden – nur mit einer leichten Abweichung in der Schreibweise – nach einem Moderator des Tschechischen Rundfunks benannt hat:

Pavel Šrut  (Foto: Haolhaol,  CC BY-SA 4.0)

„Der Moderator Hyhlík war für mich eine fast mystische Figur. Fünf Jahre lang habe ich ihn nicht gesehen, dafür aber gehört. Ich mochte seine rituelle Art, die Sendungen anzusagen.“

Genau wie der Radiomoderator sind nämlich auch die Lichožrouti für den Menschen nicht sichtbar. Ähnlich versteckt leben Křemílek und Vochomůrka im Wald. Die zahlreichen tschechischen Animationsfilme und -serien für Kinder haben gerade diesen kleinen phantastischen Helden eine unvergessliche Gestalt gegeben.

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