Spiel um Ministersitze schwächt Sozialdemokraten
Nach der Abberufung von Außenminister Tomáš Petříček haben die Sozialdemokraten einen Nachfolger für den Posten vorgeschlagen. Allerdings ist es dabei zum Streit gekommen. Viele Kommentatoren sehen daher einen Selbstzersetzungsprozess in der Partei.
Nach der Abberufung von Außenminister Tomáš Petříček haben die Sozialdemokraten einen Nachfolger für den Posten vorgeschlagen. Allerdings ist es dabei zum Streit gekommen. Viele Kommentatoren sehen daher einen Selbstzersetzungsprozess in der Partei. MK berichtet.
Der Vizepremier und Vorsitzende der Sozialdemokraten, Jan Hamáček, hat unmittelbar nach dem Parteitag am Wochenende seinen Gegenkandidaten Tomáš Petříček vom Posten des Außenministers abberufen. Danach kündigte er an, der frühere Außen- und jetzige Kulturminister Lubomír Zaorálek solle das Ressort übernehmen. Kurz darauf stellte sich heraus, dass der Parteichef diesen Wechsel nicht im Vorfeld besprochen hatte. Zaorálek erklärte am Dienstag, er wolle Kulturminister bleiben. Vor Journalisten sagte der erfahrene Politiker, er sei unzufrieden damit, wie das Außenministerium derzeit geführt werde und sehe seine Kompetenzen dort eingeschränkt. Zaorálek kritisierte unter anderem, dass Premier Andrej Babiš (Partei Ano) für die europäische Politik und ein Beauftragter der Präsidialkanzlei für die Beziehungen mit Russland zuständig seien:
„Damit Tschechien eine einheitliche Außenpolitik betreiben kann, ist von prinzipieller Bedeutung, dass die Beziehungen zu Russland in die Kompetenz des Außenministeriums gehören und seiner Kontrolle unterliegen.“
Am Dienstagabend schlug das Führungsgremium der Sozialdemokraten einen neuen Kandidaten für die Nachfolge von Petříček vor. Es ist der erste Staatssekretär des Innenministeriums, Jakub Kulhánek. Sozialdemokraten-Vize Roman Onderka sagte vor Journalisten:
„Kulhánek hat die Universität in Georgetown absolviert und beherrscht mehrere Fremdsprachen. Derzeit arbeitet er als Staatssekretär im Innenministerium, in der Vergangenheit hat er diese Funktion im Verteidigungs- und im Außenministerium bekleidet. Meiner Meinung nach ist er ein guter Kandidat und wird ein guter Minister sein. Er wird eine Politik durchsetzen, die sich an EU und Nato orientiert.“
Kulhánek war zudem früher Berater des chinesischen Staatsunternehmens CEFC Europe. Die Sozialdemokraten haben auch bereits Präsident Miloš Zeman über die Entscheidung informiert. Das Staatsoberhaupt äußerte keine Einwände gegen Kulhánek.
Es sei eine Notlösung, sagte allerdings der Journalist David Klimeš in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Er ist Kommentator des Nachrichtenservers aktualne.cz:
„Wer in dem Streit Sieger ist, lässt sich schwer sagen. Auf den ersten Blick vielleicht Jan Hamáček, weil er den Parteitag völlig beherrscht hat. Jetzt wollte er allerdings zeigen, dass er auch allgemein die Sozialdemokraten fest im Griff hat und die Partei nach vielen Jahren Streitigkeiten um den Verbleib in der Regierung Babiš einheitlich handelt. Dies ist ihm nicht gelungen. Man kann sich kaum eine größere Schande vorstellen, als wenn ein Minister aus den eigenen Reihen das Angebot für einen Regierungsposten ablehnt.“
Klimeš kommentierte auch den Auftritt von Kulturminister Zaorálek und dessen Kritik an der jetzigen Außenpolitik des Landes:
„Ich kann mich gut erinnern, dass bereits 2016, also noch in der Amtszeit von Zaorálek, im Auftrag der Prager Burg eine Erklärung der politischen Spitzen Tschechiens zur China-Politik formuliert wurde. Und es bestehen weitere Beispiele, dass schon während der Regierung Sobotka die Außenpolitik in Richtung Osten vom Staatspräsidenten und in Richtung der EU vom Premier gestaltet wurde.“
Der Politologe Lukáš Jelínek ist der Meinung, dass der Wechsel im Außenministerium sowohl die Sozialdemokraten als auch die Regierung geschwächt hat. In seinem Kommentar in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er:
„Hamáček hat in einer Live-Übertragung gezeigt, wie schwer die scheinbar banale Auswahl eines neuen Außenministers für ihn ist. Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass sich die Sozialdemokraten schon längst ausruhen und neue Kräfte in der Opposition sammeln müssten. Die Tschechische Republik braucht eine solide demokratische Linke, und eine solche sollte keinesfalls inmitten der Krise die Regierung destabilisieren.“