Pilotprojekt: Wie werden Tschechen zur Rückgabe von Pfandflaschen motiviert?
In Tschechien gab es vor kurzem ein Pilotprojekt zur Rückgabe von Plastikflaschen und Dosen gegen Pfand – und es war erfolgreich. Darum wird der Testlauf nun ausgeweitet.
Über 260.000 zurückgegebene PET-Flaschen und Getränkedosen – das ist das Ergebnis eines Pfand-Pilotprojektes von Kaufland und Lidl in Tschechien. In ausgewählten Supermärkten dieser beiden Ketten konnten drei Monate lang Getränkeverpackungen zurückgegeben werden. Die überraschende Erkenntnis sei gewesen, dass die Hauptmotivation der Kunden nicht die angebotenen Rabatte beim Einkauf waren, sagt Kaufland-Sprecherin Renáta Maierle:
„Es wurden nur 25 Prozent der Rabattkupons genutzt. Dies zeigt entweder, dass die Kunden das Pfandsystem schon aus Deutschland oder der Slowakei kennen. Es könnte aber auch Neugier sein, ob die Rückgabe für sie praktizierbar ist. Oder aber die Menschen führen wirklich ein nachhaltiges Leben und wollen die Umwelt schützen.“
Die beiden Ketten haben parallel zum Pilotprojekt auch eine Umfrage durchgeführt. Ende April wurden in sechs beteiligten Supermärkten insgesamt 1200 Menschen befragt. Knapp 40 Prozent von ihnen gaben an, einmal die Woche Pfandflaschen zurückzubringen, 13 Prozent taten dies sogar häufiger. Offenbar stelle es kein Hindernis für die Kunden dar, dass die Plastikflaschen und Getränkebüchsen nicht zerdrückt werden dürfen, so Lidl-Sprecher Tomáš Myler:
„70 Prozent der Kunden sehen kein Problem darin, intakte Flaschen und Dosen aufzubewahren, um sie dann im Laden zurückzugeben. 71 Prozent der Menschen lagern die Verpackungen direkt in ihren Wohnräumen, die restlichen 29 Prozent in anderen Räumlichkeiten wie Kellern oder Garagen.“
Für die zweite Jahreshälfte kündigen die beiden Unternehmen das Aufstellen weiterer Pfandautomaten in ihren Supermärkten an. Und das auch in Städten, in denen es diese bisher nicht gibt, so etwa Karlovy Vary / Karlsbad, Pardubice / Pardubitz, Zlín oder Ústí nad Labem / Aussig.
In einer weiteren Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut Behavio Anfang Mai 1100 Menschen in Tschechien zum Thema befragt. Dem Ergebnis zufolge sind es vor allem Frauen mit Abitur, die das Pfandsystem unterstützen. Was die finanzielle Situation der Befürworter angeht, verortet die Behavio-Studie 40 Prozent in Haushalten mit niedrigerem Einkommen und fast 35 Prozent in Haushalten mit mittlerem Einkommen. Etwas über 30 Prozent der Fürsprecher verdienen auf höherem Niveau.
Sollte Tschechien ein verpflichtendes Pfandsystem einführen, wäre es das 14. EU-Land mit diesem Instrument der zirkulären Wirtschaft. An einem entsprechenden Gesetz wird im Umweltministerium bereits gearbeitet. Bis Ende des Jahres soll es vorliegen, und wenn alles nach Plan geht, kann es Mitte 2025 in Kraft treten. Das Gesetz sieht in jedem Lebensmittelladen von mindestens 50 Quadratmetern Verkaufsfläche einen Pfandautomaten vor. Das Gleiche gilt für Tankstellen. Für die Betreiber kleinerer Verkaufsräume soll die Teilnahme am Pfandsystem hingegen freiwillig sein. Dennoch sei die geplante Dichte an Rücknahmestellen viel zu hoch, meint Tomáš Prouza, Verbandspräsident für Handel und Fremdenverkehr:
„Die absolute Mehrheit an Getränkeverpackungen wird in großen Geschäften verkauft. Ein Rückgabeautomat, der nur für ein paar Flaschen am Tag genutzt wird, ist Geldverschwendung. Denn das Pfandsystem muss ja von jemandem finanziert werden. Es heißt zwar, das werden die Getränkeproduzenten sein, aber am Ende zahlt immer der Kunde. Und eine zweite Sache, die mir schwierig erscheint, ist die Einbeziehung von Tankstellen. Dies ist kein Ort, an dem PET-Flaschen zurückgegeben, sondern gekauft werden.“
Der Gesetzesentwurf rechnet mit einem Pfand von vier bis fünf Kronen (17 bis 21 Eurocent) je Plastikflasche oder Dose. Dies ist auch in anderen EU-Ländern ein gängiger Betrag. Am niedrigsten ist der Pfand derzeit in Kroatien mit acht Eurocent, am höchsten in Deutschland mit bis zu 25 Eurocent.