Plumploris und Schuppentiere: Tscheche kämpft in Südostasien gegen Tierschmuggel
Der Zoologe František Příbrský ist zwar beim Tiergarten in Ostrava / Ostrau beschäftigt, doch die meiste Zeit des Jahres verbringt er in Südostasien. Denn er hilft bei der Rettung von Tieren – und dazu gehört mittlerweile auch die Jagd auf Wilderer und Schmuggler.
František Příbrský koordiniert internationale Rettungsprojekte für Wildtiere. Das Spannende an der Arbeit des Tschechen ist der Einsatz vor Ort:
„Seit mehr als zehn Jahren leite ich auf der Insel Sumatra in Indonesien das Rettungsprogramm ‚Kukang‘. Wir haben eine Auffangstation für Tiere aufgebaut, die beschlagnahmt wurden. Dabei arbeiten wir mit den Bauern vor Ort zusammen und beschäftigen ehemalige Wilderer. Während der gesamten Zeit habe ich jedoch verfolgt, wie weiterhin Tiere gefangen und geschmuggelt werden.“
Příbrský, der beim Zoo im mährisch-schlesischen Ostrau angestellt ist, hatte davon genug. Deswegen hätten er und seine Kollegen um Rat gesucht, sagt der Zoologe im Interview für Radio Prag International:
„Wir haben uns an Experten aus Afrika gewandt und sie gebeten, uns zu schulen in der Methodik zur Ergreifung von Schmugglern. Diese Schulungen laufen seit zwei Jahren, und wir haben unsere Fähigkeiten bereits in einigen Fällen angewendet und einige Händler gefangen.“
Dass sich das Team auf Schmuggler konzentriert und nicht so sehr auf Wilderer, hat einen einfachen Grund. Die Schmuggler würden wirklich großen Schaden an der Tierwelt anrichten, heißt es in einem Video von Příbrský zusammen mit seinem Kollegen Tomáš Ouhel. Bei den Wilderern handele es sich hingegen meist um Menschen aus der Gegend, die beispielsweise durch andere Beschäftigungsmöglichkeiten vom Jagen der Tiere abgebracht werden könnten.
Beim Vorgehen gegen die Schmuggler nutzen die Tierschützer unterschiedliche Methoden…
„Eine davon ist die alte Schule. Dabei haben wir Informanten und unterschiedliche weitere Leute im Terrain. Sie beobachten die Orte, an denen mit Tieren gehandelt wird. Wir unterhalten uns auch mit den Menschen vor Ort darüber, wo die Tiere gefangen werden – und so kommen wir an unsere Informationen über die Schmuggler, gegen die wir dann vorgehen. In den vergangenen Jahren hat sich der Handel mit Wildtieren aber zunehmend ins Netz verlagert. Deswegen haben wir auch Ermittler, die entsprechende Facebook-Seiten und WhatsApp-Gruppen durchforsten. Sie verfolgen, wo der Handel läuft, und kommen mit den Schmugglern in Kontakt. Dabei versucht man, deren Vertrauen zu gewinnen und so die Ermittlungen aufzunehmen. Der dritte Weg ist die Nutzung unterschiedlicher Datensammlungen. Zudem stehen wir in Verbindung mit Wissenschaftlern, die ebenso ihre Kanäle haben sowie Daten über den Schmuggel von Tieren. Auch auf diese Weise kommen wir an die Übeltäter ran“, so der Zoologe.
Das Team um Příbrský fängt die Tierhändler aber nicht selbst:
„Der konkrete Zugriff erfolgt in Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei, der Armee oder mit der Naturschutzagentur. Nach dem Abschluss der Ermittlungen gehen sie an die Front. Wir schauen nur aus der Deckung zu. Deswegen war bisher auch der gefährlichste Moment, in den ich geraten bin, die Fahrt auf einem Motorrad in den Ländern hier.“
Wappentier Plumplori
Auf die Frage nach dem größten Schlag gegen eine Schmugglerbande antwortet der Zoologe, dass es schwer sei, einen konkreten Fall auszumachen. Denn normalerweise würden die Tierhändler versuchen, ihre Taten kleinzureden. Und man wisse nie, wie viel Dreck sie tatsächlich am Stecken hätten, so Příbrský. Dennoch nennt er einen besonderen Fall:
„Unser größter Fang war wohl im vergangenen Jahr ein Schmuggler, der sich Greed nannte. Er führte mehrere WhatsApp-Gruppen, in denen rund einhundert Wilderer und weitere Schmuggler angebunden waren. Greed hat diese koordiniert und mit Tieren zwischen ihnen gehandelt, und zwar vor allem mit Schuppentieren, Gibbons und Plumploris. Er brüstete sich sogar, einen kleinen Sumatra-Elefanten verkauft zu haben.“
Gerade Plumploris sind in letzter Zeit zu den häufigsten Opfern des Handels mit Wildtieren geworden. Und deswegen sind sie das Wappentier des internationalen Rettungsprojekts, in das František Příbrský eingebunden ist. Kukang ist eben der indonesische Name für die Plumploris.
„Diese Halbaffen werden gefangen und vor allem als Haustiere verkauft, weil sie süß aussehen. Leider werden deswegen auch viele Fotos und Videos gemacht, die dann im Internet auftauchen. Und so wollen immer mehr Menschen einen Plumplori. Für uns ist es bis zum heutigen Tag das wichtigste Tier“, sagt der Zoologe.
Die Plumploris wirken mit ihren Bewegungen im Zeitlupentempo, dem plüschartigen Fell und den Glupschaugen zwar wahnsinnig süß, aber sie müssen auf brutale Art erst einmal ungefährlich gemacht werden. Denn diese Halbaffen haben giftige Eckzähne, mit denen sie ihre Feinde beißen. Die Zähne werden gezogen, aber häufig entzünden sich dann die Wunden – und die Tiere verenden letztlich.
Vor kurzem haben die Tierschützer einen ganz besonders interessanten Fang gemacht. Und zwar ging es um einen sehr seltenen Singvogel von der Insel Nias…
„Es handelte sich um den Niasbeo. Er galt sogar schon als ausgestorben. Unsere Kollegen aus Liberec haben vor einigen Jahren die letzte überlebensfähige Population dieser Vögel auf der Inselgruppe westlich von Sumatra entdeckt. Wir haben herausgefunden, dass dort die Beos gefangen und geschmuggelt werden, und uns darauf konzentriert. Tatsächlich gelang es uns, eine Schmugglerbande auffliegen zu lassen. Dabei haben wir 16 Niasbeos gerettet und sie wieder fliegen gelassen, weil sie gerade erst gefangen worden waren. Wir haben außerdem den Koordinator im Visier, der die Gang angeführt hat. Das heißt, der Fall ist noch nicht zu Ende“, schildert Příbrský
Dickes Fell
František Příbrský hat sich mittlerweile in Indonesien eingelebt. Er verbringe die meiste Zeit dort, nur für drei Monate im Jahr kehre er nach Tschechien zurück, sagt er im Interview. Und weiter erzählt er:
„Die Anfänge waren natürlich schwierig, weil ich auch die Sprache noch nicht gesprochen habe. Die Kultur hier ist sehr vielfältig, egal ob es um die Traditionen, die Religion oder das Essen geht. An jeder Ecke wartet eine Überraschung. In positiver Weise war das für mich die Freundlichkeit der Menschen. Sie sind in den allermeisten Fällen sehr lieb. Auf der anderen Seite überrascht mich ihre Beziehung zu Tieren meist negativ. Andere Länder, andere Sitten. Für uns gehört zum Beispiel ein Hund zur Familie, in Indonesien wird er aber ganz anders wahrgenommen. Man muss sich teils ein dickes Fell zulegen, wenn man sieht, wie sich die Menschen in diesen Ländern gegenüber Tieren verhalten.“
Als Neuestes ist „Kukang“ auch auf den Philippinen aktiv. Dort gehe man aber nicht so sehr gegen den Tierschmuggel vor, sondern gegen den illegalen Fischfang, erzählt der Leiter des Rettungsprogramms:
„Es gibt dort einzigartige Korallenriffe, aber auch einen enormen Druck durch illegale Fischer. Diese nutzen Sprengstoff, Gift und Schleppnetze. Wir haben jetzt eine Kooperation mit der philippinischen Wasserschutzpolizei aufgenommen, um diese Fälle zu bekämpfen. Einige Schläge sind uns schon gelungen, bei denen wir illegale Fischer gefasst haben, die ihre Beute mit Schleppnetzen und Gift gemacht haben.“