Mehr Feier, weniger Aufregung: Tschechien begeht Staatsgründungstag mit neuem Präsidenten
Am Samstag begeht Tschechien seinen Staatsgründungstag. Denn vor 105 Jahren, am 28. Oktober 1918, wurde die Tschechoslowakische Republik ausgerufen. Bei den Feiern stehen dieses Mal wieder die feierlichen Momente stärker im Vordergrund. Denn mit Präsident Petr Pavel hat sich das Klima auf der Prager Burg, dem Sitz des Staatsoberhauptes, zum Besseren verändert. Das heißt, die Querelen rund um den Festakt auf der Burg, gehören der Vergangenheit an.
„Rot, Blau und Weiß. Ein Dreieck und zwei Streifen“ – die Kinder des Kindergartens in Vyskytná / Böhmisch Gießhübel im Kreis Vysočina wissen genau, wie die tschechische Nationalflagge aussieht. Denn am Samstag machen sie mit bei einem Rekordversuch zum Staatsgründungstag. Dann sollen so viele Flaggen des Landes gleichzeitig gehisst werden wie nie zuvor. Der derzeit gültige Rekord kam am 28. Oktober 2018 zustande, als über 225.000 tschechische Trikoloren am selben Tag im ganzen Land wehten.
Mit der Aktion will die Agentur „Dobrý den“ (Guten Tag) – laut eigenen Worten – das Gefühl des Nationalstolzes hierzulande fördern. Ob der Rekord gelingt, wird sich zeigen.
Eines lässt sich aber schon jetzt vom anstehenden tschechischen Staatsgründungstag sagen: Es herrscht weniger Aufregung als in den Jahren zuvor. Denn der frühere Staatspräsident Miloš Zeman hatte immer wieder Kontroversen ausgelöst, weil er zur traditionellen Übergabe der Staatsorden am 28. Oktober manche Persönlichkeiten aus politischen Gründen nicht einladen wollte. Ganz anders sein Nachfolger Petr Pavel. Er teilt die Gäste nicht in Gut und Böse. Und die Einladungen seien auch schon längst abgeschickt, sagt die Sprecherin der Präsidialkanzlei, Eva Hromádková:
„Wir rechnen mit 700 Gästen im Wladislaw-Saal der Prager Burg und mit rund 2000 weiteren im Spanischen Saal. Die Einladungen gingen an Persönlichkeiten aus den Bereichen Politik, Polizei und Armee, Diplomatie, Justiz, Hochschulen, kirchliche Institutionen und öffentliches Leben. Ob sie die Einladung annehmen, liegt in ihrer Entscheidung.“
Während der Präsidentschaft Zemans weigerten sich zum Beispiel zahlreiche Universitätsrektoren, zu der Zeremonie auf der Prager Burg zu kommen. Der Hintergrund war, dass dieser schon ab 2013, dem ersten Jahr seiner Amtszeit, den damaligen Rektor der Masaryk-Universität in Brno / Brünn und heutigen Bildungsminister, Mikuláš Bek, aus persönlichen Gründen nicht einlud – genauso wie dessen Kollege Libor Grubhoffer von der Südböhmischen Universität in České Budějovice / Budweis. Aus Protest blieben 2015 die Hochschulrektoren gleich ganz dem Festakt fern, und einige von ihnen setzten ihren Protest später noch fort.
Dieses Jahr ist dies aber anders. Die Kanzlei von Staatspräsident Pavel hat alle Rektoren der 26 öffentlichen und zwei staatlichen Hochschulen hierzulande eingeladen. Darunter ist auch die Chefin der Prager Karlsuniversität…
„Rektorin Milena Králíčková, die zugleich die Vorsitzende der tschechischen Hochschulrektorenkonferenz ist, hat für den 28. Oktober eine Einladung auf die Burg bekommen. Sie wird am dortigen Programm teilnehmen“, bestätigte der Rektoratssprecher Václav Hájek.
Die Vorschläge für die Verleihung der Orden und Medaillen kommen im Übrigen vom Senat und dem Abgeordnetenhaus. Beide Parlamentskammern haben Präsident Pavel eine Liste mit über 400 Persönlichkeiten geschickt. Dazu Eva Hromádková:
„Diese können aber schwerlich alle schon dieses Jahr berücksichtigt werden. Deswegen wird Präsident Pavel auch in den kommenden Jahren noch aus den Vorschlägen schöpfen. Welche Persönlichkeiten am Samstag ausgezeichnet werden, wird jedoch nicht vor der feierlichen Zeremonie veröffentlicht.“
Allerdings wurde am Freitagvormittag bekannt, dass Petr Pavel über 60 Menschen bei der Ordensverleihung berücksichtigen wird. Der feierliche Akt beginnt am Samstag um 20 Uhr.
Aber auch für die breite Öffentlichkeit bieten staatliche Stellen zum Feiertag das eine oder andere Highlight. So öffnen in Prag erneut einige Ministerien, das Regierungsamt sowie der Senat und das Abgeordnetenhaus für Besucher. Im vergangenen Jahr schauten sich bei dieser Gelegenheit zum Beispiel über 6000 Menschen die Gebäude der beiden Parlamentskammern an. Außerdem sind zahlreiche Museen und Galerien kostenlos oder für einen symbolischen Eintrittspreis zugänglich.