Karel Čapek: Einer der bedeutendsten Autoren Tschechiens stammte aus dem Riesengebirgsvorland

Karel Čapek

In unserer Serie „Entdeckungsreise durch Tschechiens Kreise“ stellen wir Ihnen in diesem Monat den Kreis Hradec Králové / Königgrätz vor. Eine der berühmtesten Persönlichkeiten, die von dort stammt, ist der Schriftsteller Karel Čapek. Er wurde sieben Mal für den Literaturnobelpreis nominiert. Und obwohl er ihn nie bekommen hat, ist Čapek ohne Frage einer der bedeutendsten tschechischen Autoren des 20. Jahrhunderts.

Karel Čapek  (erster von links) mit seiner Familie | Foto: Gemeindebibliothek Žernov

Karel Čapek wurden 1890 geboren und starb bereits 1938. Auch wenn dem Schriftsteller, Journalisten und Dramatiker somit kein langes Leben vergönnt war, schrieb er sich in die Seele der Tschechen ein wie kaum ein anderer. Seine Heimat hatte Karel Čapek, genau wie sein Bruder Josef und seine Schwester Helena, im Kreis Hradec Králové. Zdeněk Vacek ist der Leiter der Čapek-Gedenkstätte in Stará Huť / Althütten bei Dobříš / Doberschisch im Kreis Mittelböhmen. Dort lebte der Schriftsteller ab 1935. Im Gespräch mit Radio Prag International schildert Vacek:

„Karel Čapek kam als das jüngste von drei Kindern am 9. Januar 1890 in der kleinen Stadt Malé Svatoňovice zur Welt. Sein Vater, Antonín Čapek, war dort als Landarzt tätig.“

Karel Čapek-Gedenkstätte in Stará Huť | Foto: Natalie Máchová,  Tschechischer Rundfunk

Malé Svatoňovice / Klein Schwadowitz im Riesengebirgsvorland war damals wie heute nicht nur ein bedeutender Kurort, wie Vacek weiter erläutert…

„Seit dem 19. Jahrhundert wurde dort Kohlebergbau betrieben. Zu den Patienten von Doktor Čapek gehörten deshalb nicht nur Kurgäste und die Ortsansässigen, sondern auch Bergleute. Am Rande sei erwähnt, dass der Großvater des amtierenden tschechischen Staatspräsidenten, Petr Pavel, ebenfalls in Malé Svatoňovice als Bergarbeiter tätig war.“

Die Tausend-Seelen-Gemeinde Malé Svatoňovice ist aber nicht der einzige Bezugspunkt Karel Čapeks zum heutigen Kreis Hradec Králové. So ist er Vacek zufolge im nahegelegenen Úpice / Eipel getauft worden und hat dort die Grundschule besucht.

Karel,  Helena und Josef Čapek | Foto: Archiv der Karel-Čapek-Gedenkstätte

„Auch die Stadt Hronov ist von Bedeutung. 2022 hat man dort in einer Mühle eine Ausstellung eingerichtet. Die Geschwister Čapek verbrachten in Hronov nämlich regelmäßig bei ihren Großeltern die Ferien.“

Vor allem die Großmutter spielte im Leben Karel Čapeks eine bedeutende Rolle. Denn als der Elfjährige vor dem Ersten Weltkrieg auf das Gymnasium in Hradec Králové kam, begleitete sie ihn:

„Seine Eltern entschieden, dass seine Großmutter mit ihm in die Stadt ziehen sollte. Sie mieteten eine Wohnung im Zentrum von Hradec Králové an, in der sie sich um Karel kümmerte. Seine ausgezeichneten Leistungen in der Schule schrieb sich die Großmutter auch ein wenig selbst zu – weil sie ihren Enkel so gut umsorgte.“

Trotz seiner guten Noten musste Karel die Schule aber bald wechseln.

„Die Leitung der Einrichtung legte ihm nahe, an ein anderes Gymnasium zu wechseln. Denn Čapek war in einem Diskussionskreis aktiv. Es handelte sich zwar nicht direkt um einen Widerstandsverein gegen Österreich-Ungarn, dennoch befand man, dass eine solche Aktivität für einen Schüler dieses Gymnasiums unangemessen sei. Čapek schloss seine gymnasiale Schullaufbahn deshalb außerhalb des heutigen Kreises Hradec Králové ab – nämlich in Brünn.“

Karel Čapek  (links) mit seinem Bruder Josef | Foto: Archiv der Karel-Čapek-Gedenkstätte

Später studierte Čapek an der Prager Karlsuniversität und wurde dort zum Doktor der Philosophie ernannt. 1910 und 1911 lebte er zudem im Rahmen von Studienaufenthalten in Paris und Berlin.

Der Beruf des Vaters als Inspiration für spätere Texte

Seine ersten Texte veröffentlichte Karel Čapek im Alter von 14 Jahren. Dabei habe es sich um Artikel in Magazinen und Zeitungen gehandelt, erläutert Zdeněk Vacek:

„Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurden seine Themen dann ernster. Zunächst erschienen seine Texte, die er zu Beginn meistens gemeinsam mit seinem Bruder Josef schrieb, in Zeitschriften. Sein erstes richtiges Buch war 1916 dann ‚Zářivé hlubiny‘.“

Foto: Barbora Kvapilová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

Dieser Titel lässt sich mit „Leuchtende Tiefen“ oder „Strahlende Abgründe“ übersetzen. Insgesamt schrieb Karel Čapek während seines Lebens für 100 verschiedene Magazine und Zeitungen – die eigenen Romane, Theaterstücke und Lyrikübersetzungen seien da noch gar nicht eingerechnet, so Vacek. Aber welche Rolle spielte im literarischen Wirken des Schriftstellers seine Kindheit und Jugend im Kreis Hradec Králové?

„Die Kinder begleiteten ihren Vater oft, wenn er durch die Berglandschaft – zu Fuß oder mit dem Pferdewagen – von Dorf zu Dorf zu den Patienten reiste. Karel Čapek bekam sehr gut mit, wie die Menschen seinen Vater wahrnahmen. Manchen konnte er helfen, wie ein Wunderheiler. Für andere kam jede Hilfe zu spät, und sie mussten sich mit dem Tod abfinden. Karel Čapek betonte später mehrmals, dass ihm der Beruf und die Berufung des Arztes am meisten imponierte und ihn am stärksten beeinflusst habe.“

Film „Die weiße Krankheit“ | Foto: Tschechisches Fernsehen

Besonders deutlich zeige sich dies im Drama „Die weiße Krankheit“, so Vacek. Dieses Theaterstück erlebte zuletzt während der Corona-Pandemie ein großes Revival. Zugleich warnt das Stück, das 1937 erschien und in dessen Erzählung eine gefährliche Krankheit grassiert, vor dem aufkommenden Faschismus in Deutschland und Europa. Zeitlebens verfasste Čapek zahlreiche Texte gegen den Nationalsozialismus.

Der Schriftsteller hatte sein Leben lang gesundheitliche Probleme und starb 1938 in Folge einer Lungenentzündung. Ein Jahr später besetzten die deutschen Truppen auf Hitlers Befehl hin die Tschechoslowakei. Die Gestapo hatte es zwar auf den Autor Čapek abgesehen, Vacek sagt aber auch:

„Seine Bücher konnten auch im Zweiten Weltkrieg erscheinen – und das nicht im Samisdat, sondern gänzlich legal.“

Karel Čapek und Olga Scheinpflugová  | Foto: Karel Čapek-Gedenkstätte

Texte gegen den Kommunismus

Der ambivalente Umgang mit Čapeks Büchern setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg unter den Kommunisten fort…

„Manche Werke Čapeks brachte man heraus, aber sie wurden stark zensiert. Es war von vorherein klar, was erscheinen durfte: seine antifaschistische Literatur etwa, ebenso wie seine Märchen – Werke also, die nicht störten und im Sinne des Regimes ausgelegt werden konnten. Seine anderen Bücher aber ließ man unter den Tisch fallen“, berichtet Zdeněk Vacek. Die wirkliche Haltung des Schriftstellers zeige etwa der Text mit dem simplen Titel „Proč nejsem komunistou“ („Warum ich kein Kommunist bin“):

Briefe von Karel Čapek | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

„Čapek findet darin klare Worte. Er lehnt die Gewalt der Kommunisten ab und ebenso ihren Anspruch, für das Wohl aller zu sorgen, während sie in Wirklichkeit eine totalitäre Diktatur forderten. All dies war Čapek zuwider.“

In diesem und auch in den anderen Texten zeigt sich Vacek zufolge, dass Čapeks Werk auch heute noch von Belang ist:

„Sein Schreiben macht deutlich, dass es Sinn hat, für die Demokratie und gegen den Totalitarismus zu kämpfen. Es unterstreicht, dass man Menschen in Not helfen muss, ganz gleich ob es sich um Personen mit sozialen Problemen handelt oder etwa um politische Flüchtlinge. Čapek hat immer wieder betont, dass man in Momenten, in denen nationalistische Bewegungen aufkommen, objektiv bleiben müsse und vor allem ein Mensch, der sich weiterhin liebevoll zu seinen Mitmenschen verhält. Er war ein Patriot, ohne aber ein Chauvinist zu sein.“

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