Falsche Siegel und gefälschte Urkunden: Betrüger gab es schon im Mittelalter

Ein hoher Beamter fälscht ein Dokument, um seiner Familie Grundstücke zuzuteilen. Dies ist nicht etwa in der heutigen Zeit passiert, sondern schon vor etwa 600 Jahren. Denn auch im Mittelalter gab es Betrüger. Tschechische Forscher haben nun einige solcher Fälschungen aufgedeckt.

Die Urkunden, die Stanislav Bárta aus dem Archiv holt, sind mit Siegeln versehen, einige davon verziert. Sie würden so aussehen, als stammten sie aus der Kanzlei von Kaiser Sigismund von Luxemburg, sagt der Historiker von der Masaryk-Universität in Brno / Brünn. Es sind jedoch alles Fälschungen. Warum wurden im Mittelalter Dokumente gefälscht? Dazu sagte der Experte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

Illustrationsfoto: Bronislava Janečková,  Tschechischer Rundfunk

„Meist haben die Fälscher versucht, dadurch bestimmte Vorteile zu gewinnen. Dabei handelte es sich zum Beispiel um das Recht auf Eigentum oder auf einen Adelstitel. Die gefälschten Urkunden dienten zudem bei einem Rechtsstreit als Beweismaterial.“

Es gebe mehrere Möglichkeiten, um ein Falsifikat zu erkennen, sagt Bárta und fährt fort:

„Die erste davon besteht im Vergleich der Schrift. Es geht zum Beispiel darum, ob die Schrift wirklich aus der Zeit stammt, aus der die Urkunde eigentlich stammen soll.“

Oft waren sich Fälscher, die Urkunden zurückdatierten, nicht dessen bewusst, dass die Schrift vor Jahrhunderten anders ausgesehen hat. Die Betrüger hatten zudem kein Feingefühl für den Stil. Die Historiker analysieren darum auch die einzelnen Worte.

„Wir überprüfen, ob der Text dem entspricht, was die entsprechende Kanzlei hätte verfassen können. Vergleichen lässt sich dies beispielsweise mit der Situation, wenn in einem Gerichtsurteil solche Begriffe verwendet werden, die heutzutage kein Gericht gebraucht. Auch Desinformationen können also an der Sprache erkannt werden, in der sie verfasst wurden.“

Lukáš Führer | Foto: Masaryk-Universität in Brno

Die Echtheit mittelalterlicher Urkunden wurde zudem meist auch durch ein Siegel belegt. Allerdings wurde auch dieses manchmal gefälscht. Lukáš Führer, ebenfalls Historiker an der Masaryk-Universität in Brünn, beschreibt den Unterschied zwischen zwei Siegeln, die beide angeblich aus der Zeit von König Přemysl Otakar II. stammen sollen. Eines davon ist ein Falsifikat.

„Das gefälschte Siegel hat keine so schöne Form wie das echte Siegel. Der Thron steht ein wenig schief. Das Zepter sieht nicht gut aus.“

Vermutlich war es nicht einfach, ein Siegel nachzuahmen. Dem Experten zufolge geschah es jedoch öfter, dass jemand das echte Siegel von einer Urkunde entfernte und es auf einer gefälschten Urkunde anbrachte.

Hohe Beamte hatten es früher oft einfach, Dokumente zu fälschen, ergänzt Stanislav Bárta. Als Beispiel nennt er Kaspar Schlick, den Kanzler von Kaiser Sigismund von Luxemburg:

„Er hatte Zugang zu unbeschriebenen Pergamenten, die mit einem königlichen Siegel versehen waren. Auf die Pergamente konnte er im Prinzip schreiben, was er wollte. Auf diese Weise erhob er sich und seine Nachkommen in den Freiherrenstand.“

Die Fälschungen wurden erst in späteren Zeiten aufgedeckt.

Autoren: Martina Schneibergová , Michal Šafařík
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