Schmetterlinge beobachten: Menschen in Tschechien können bei Zählaktion helfen
Auf dem Gebiet Tschechiens leben etwa 160 Arten von Tagfaltern – also Schmetterlinge, die tagsüber aktiv sind. Ob ihre Population stabil ist oder die Zahl der einzelnen Tiere sich etwa durch den Klimawandel verringert, soll nun durch die erste öffentliche Zählaktion im Land herausgefunden werden.
Zitronenfalter und Pfauenauge – viel mehr Schmetterlingsarten fallen den meisten Menschen auf Anhieb wohl kaum ein. In Tschechien könnte ein Aufruf zur Tierbeobachtung in dieser Woche dafür sorgen, dass das allgemeine Interesse an den farbenfrohen Insekten wächst. Sie seien nämlich ein Indikator für eine gesunde und gut funktionierende Natur, betont David Číp, Hauptkoordinator bei der Umweltvereinigung Jaro. Im Interview mit Radio Prag International erläuterte er, warum bei der wissenschaftlichen Erhebung zu Schmetterlingen in diesem Jahr zum ersten Mal auch die Bevölkerung Tschechiens einbezogen wird:
„Die Veränderungen in der Schmetterlingspopulation – vor allem ihr Rückgang oder auch die Verdrängung von kälteliebenden Arten durch wärmeliebende Tiere aufgrund des Klimawandels – sind inzwischen so dynamisch, dass ein paar Wissenschaftler dafür nicht mehr ausreichen. Darum brauchen wir die Hilfe der breiten Öffentlichkeit.“
„Motýlí půlhodinka“ heißt die Aktion, also etwa „Eine halbe Stunde für die Schmetterlinge“. Und dies ist schon die wichtigste Instruktion für alle Teilnehmenden: Sie sollen an einem sonnigen und windarmen Tag 30 Minuten lang die Zweiflügler an einem ausgewählten Ort beobachten und zählen. Das entsprechende Formular steht online (hier) bereit, dort werden die beobachteten Arten einfach angekreuzt. Für die Zählung werden Wiesen, Parks oder Feldränder empfohlen, aber auch Friedhöfe oder Wege entlang von Bahngleisen. Und Číp gibt noch einen weiteren Tipp:
„Ein verlassener Steinbruch, der noch nicht völlig überwachsen ist, kann paradoxerweise eine Insel an Biodiversität sein – nicht nur für Schmetterlinge, sondern auch für viele andere Lebewesen. Diese Orte bieten meist die beste Natur und werden oft als Schutzgebiet deklariert.“
2024 ist in Tschechien das Jahr des Schmetterlings. Zu dieser Deklaration des hiesigen Bundes der Naturschützer (Český svaz ochránců přírody) passt der öffentliche Aufruf der Organisation Jaro. Die erste Etappe der Zählung fand bereits Anfang Juni statt. Sie habe gezeigt, bilanziert Číp, dass das Programm bei der tschechischen Bevölkerung auf Interesse stoße. Die Menschen lernten dadurch nicht nur mehr Schmetterlingsarten kennen, sondern würden auch motiviert, sich über deren Schutz zu informieren. Dazu könne schon der eigene Garten dienen, ermuntert der Experte:
„Allein dadurch, dass der Rasen in Gärten oder auch in Städten nicht mehr so häufig gemäht und von den bisherigen Methoden abgelassen wird, kann den Schmetterlingen sehr helfen. Dies gilt für die gesamte Landschaft. Ein Problem für die Natur besteht heute darin, dass sie zu intensiv gepflegt wird.“
Immer mehr Stadtverwaltungen in Tschechien würden sich zwar schon dem Insektenschutz widmen, wirft Číp ein. Ein Fan von sogenannten Schmetterlingswiesen sei er aber nicht…
„Einerseits ist es toll, dass es diesen Trend gibt. Andererseits werden diese Wiesen leider vom falschen Ende her aufgezogen. Sie werden mit einjährigen Pflanzen bestückt, die meist aus Nordamerika stammen. Diese haben aber für die hiesigen Schmetterlinge keinen Nutzen. Es sieht zwar schön aus, wenn die Wiesen blühen. Allerdings entstehen damit Zeitbomben, denn sie ziehen invasive Arten an, mit denen wir dann ein Problem haben.“
All das können die Menschen in Tschechien nun erfahren, indem sie sich diese Woche an der Beobachtung der Schmetterlinge in ihrer Umgebung beteiligen. Koordinator Číp weist noch darauf hin, dass Naturschutz keine Grenzen kenne und auch seine Organisation Jaro etwa in Österreich, der Slowakei oder Polen aktiv sei:
„Dieser erste Jahrgang des öffentlichen Aufrufs zielt aber nur auf Tschechien ab. Wir testen damit, ob die Aktion überhaupt ankommt. Es sieht bereits so aus, als ob das der Fall ist. Und die Kollegen aus den anderen Ländern haben uns schon signalisiert, dass sie sich beim nächsten Mal anschließen wollen. Vielleicht wird daraus also in den kommenden Jahren eine europaweite Zählung.“