Nach dem Attentat an der Karlsuniversität: Initiative fordert strengere Waffengesetze in Tschechien

Gebäude der Philosophischen Fakultät

Es ist gut neun Monate her, dass bei einem Amoklauf an der Philosophischen Fakultät in Prag 14 Menschen erschossen wurden und der Täter dann Selbstmord beging. Eine Gruppe von Pädagogen und Studierenden hat nun eine Initiative gestartet, mit der eine Verschärfung der Waffengesetze in Tschechien gefordert wird.

„An alle, die nicht gleichgültig sind“ – so lautet der Titel des Aufrufs, der am Dienstag der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Lehrende und Studierende der Philosophischen Fakultät der Prager Karlsuniversität wollen damit Druck auf die tschechische Politik ausüben und mahnen eine Verschärfung der Waffengesetze an. Diese Initiative sei im Sommer entstanden, sagt Literaturwissenschaftler und Dozent David Vichnar. Wie er im Interview mit Radio Prag International berichtet, hätten Treffen mit Angehörigen der Opfer bei ihm und seinen Mitstreitern Gefühle von Verbitterung sowie Schuld hervorgerufen – und auch die Erinnerungen an den 21. Dezember 2023 wiederbelebt.

David Vichnar | Foto: Karlsuniversität Prag

Damals hatte ein Amokläufer mitten am Tag im Fakultätsgebäude um sich geschossen und dabei 14 Menschen getötet. Er hatte eine ganze Reisetasche voller Waffen bei sich. Auf diesen Fakt regiere der neue Aufruf, so Vichnar:

„Der erste der drei Hauptpunkte der Initiative ist der unnormal leichte Zugang zu halbautomatischen Angriffswaffen. Unserer Meinung nach haben solche Armeewaffen nichts in den Händen von Zivilisten zu suchen. Sie dienen nicht der Selbstverteidigung und eignen sich nicht für Schießübungen, ohne dass sie sofort eine Gefahr für den Rest der Bevölkerung darstellen würden.“

Der zweite Punkt beziehe sich mit der gleichen Begründung auf die Anschaffung von Schalldämpfern. Und weiter erläutert Vichnar:

„Zum Dritten ist es die verblüffend laxe Haltung zur psychischen Gesundheit eines Menschen, der eine Waffe besitzen will. Es gäbe da verschiedene Möglichkeiten der Untersuchung. Die viel diskutierten Psychotests etwa scheinen bisher politisch nicht durchsetzbar zu sein. Dafür gibt es nicht den Willen und angeblich keine entsprechende Logistik, damit die Psychiater und Psychologen sich damit befassen könnten.“

Diese seien auch nicht unbedingt dafür zuständig, sagt der Philosophiedozent Václav Němec:

„Die Politiker berufen sich meist auf Stellungnahmen der Berufsverbände von Psychologen und Psychiatern. Unserer Meinung nach sind das aber die falschen Ansprechpartner. Denn die Tests für den Waffenschein sind nicht die Angelegenheit von Ärzten, die psychische Erkrankungen behandeln. Vielmehr müssten dies Organisationen sein, die gesunde Menschen diagnostizieren und ihre Eignung überprüfen.“

Bei dem Attentäter vom Dezember hätten ein einfaches psychologisches Screening sowie die Weitergabe der Patientenakte ausgereicht, um ihm den Waffenbesitz zu verweigern, so das Argument der Initiative.

In Tschechien haben derzeit etwa 317.000 Menschen einen Waffenschein, also drei Prozent der Bevölkerung. Es sind allerdings mehr als eine Million Waffen in legalem Privatbesitz registriert. Diese Zahl würde zeigen, so Němec, dass die relativ kleine Gruppe ziemlich stark bewaffnet sei:

Václav Němec | Foto: Věra Luptáková,  Český rozhlas

„Und ich will auch betonen, dass die Rechtslage diese sehr kleine Bevölkerungsgruppe verteidigt. Eigentlich sollte die Polizei die restlichen 97 Prozent der Bevölkerung vor dem Missbrauch dieser Waffen schützen – das sollte das Interesse der politischen Repräsentation sein.“

Nach dem Amoklauf vom Dezember wurde zügig eine Novelle des bestehenden Waffengesetzes ausgearbeitet. Sie liegt derzeit in dritter Lesung im Abgeordnetenhaus und steht damit kurz vor der Abstimmung. Darin sind die Meldung von verdächtigen Waffen- und Munitionskäufen vorgesehen sowie erweiterte Befugnisse für die Polizei. Ein umfassenderes Änderungsgesetz soll in Tschechien dann mit Jahresbeginn 2026 in Kraft treten. Und weiter sagt Vichnar:

„Es gibt durchaus politische Aktivitäten, da möchte ich niemandem Unrecht tun. So existiert eine Arbeitsgruppe im Innenministerium, mit der wir am Freitag auch ein Treffen haben. Dort werden verschiedene Verschärfungen diskutiert, und die Gruppe ist offen für Vorschläge. Sie hat auch mich eingeladen, also nimmt sie die Initiativen aus der Zivilgesellschaft wahr. Das ist sehr gut und ein Zeichen dafür, dass die Politik nicht taub ist für unsere Bedürfnisse.“