Ist das Schlimmste überstanden? Inflation in Tschechien ist moderat

Die Zeit der Rekorde bei den Preissteigerungen in Tschechien scheint zu Ende zu sein. Zumindest weisen die Daten des tschechischen Statistikamtes darauf, die am Montag veröffentlicht wurden.

Die Verbraucherpreise in Tschechien sind im vergangenen Jahr um 2,4 Prozent gestiegen. Das ist die niedrigste Inflationsrate seit 2018. Wenn man dies mit den beiden vorangegangenen Jahren vergleiche, so ergebe sich ein großer Unterschied, sagt Marek Rojíček. Er ist Direktor des tschechischen Statistik-Amtes (ČSÚ):

Marek Rojíček | Foto: Tschechisches Statistikamt

„Es gab eine deutliche Desinflation. Die Verbraucherpreise stiegen im vergangenen Jahr viel langsamer als zuvor. Die höchste Marke wurde 2022 erreicht, und zwar mit einem Zuwachs von 15,1 Prozent, selbstverständlich im Zusammenhang mit einem Sprung der Energiepreise nach oben. Im vergangenen Jahr war der Preisanstieg im Vergleich schon sehr moderat.“

Die Inflation begleitet die Menschen in Tschechien seit der Corona-Pandemie. Noch 2023 lag sie bei 10,3 Prozent, 2024 sank sie schließlich auf 2,4 Prozent. Damit ist das Preisanstiegsniveau zu Werten in der ruhigeren Phase zwischen 2009 und 2020 zurückgekehrt.

Vít Hradil | Foto: Matěj Skalický,  Tschechischer Rundfunk

Im vergangenen Jahr trieben vor allem die Wohn- und Mietkosten die Inflationsrate in die Höhe sowie hohe Preise für alkoholische Getränke und für Dienstleistungen in Restaurants. Lebensmittel wurden hingegen billiger, insbesondere Fleisch und Milchprodukte sowie alkoholfreie Getränke. Zudem scherten gasförmige Kraftstoffe aus der Entwicklung aus, bei der sich Energie eher verteuerte.

Das Statistikamt hat am Montag auch die Daten für den Dezember vergangenen Jahres veröffentlicht, da lag die Inflationsrate bei 3,0 Prozent. Dieser Wert wird von Analysten positiv bewertet und liegt niedriger, als in Prognosen erwartet worden war. Nach Angaben von Vít Hradil, dem Chefvolkswirt der Investmentfirma Cyrrus, ist der leichte Anstieg gegenüber dem November auf den Vergleich mit der ungewöhnlichen Preisentwicklung vor einem Jahr zurückzuführen:

„Damals kam es von November bis Dezember zu der ungewöhnlichen Entwicklung, dass die Preise sanken. Und zwar wirkte sich damals die Mehrwertsteuersenkung bei Lebensmitteln vorzeitig aus. Die Handelsketten rechneten die Steuersenkung in ihre Preise ein, bevor diese in Kraft trat.“

Eva Zamrazilová | Foto: Karolína Němcová,  Tschechischer Rundfunk

Das Inflationsziel der Tschechischen Nationalbank (ČNB) liegt bei zwei Prozent. Drei Prozent befinden sich an der oberen Grenze des Toleranzbereiches. Laut der Vize-Gouverneurin Eva Zamrazilová wird die Nationalbank die Inflation – insbesondere im Dienstleistungssektor – weiterhin genau beobachten, doch bezeichnet sie die jüngste Entwicklung als positiv:

„Wenn im Januar nicht etwas Extremes geschieht, können wir davon ausgehen, dass die Inflationsrate im Januar mit einer zwei vor dem Komma beginnt. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch.“

Zamrazilová zufolge würde dies den Spielraum für eine weitere geldpolitische Lockerung durch die Zentralbank eröffnen. Der Leitzins wurde im Laufe des vergangenen Jahres insgesamt um drei Prozentpunkte herabgesenkt, aktuell liegt er bei 4,0 Prozent.

Premier Petr Fiala (Bürger) äußerte in seiner Weihnachtsansprache die Ansicht, dass es den Bürgern in Tschechien besser gehe, als sie selbst dächten. Dennoch ist mehr als die Hälfte der Menschen überzeugt, ihre Ausgaben in diesem Jahr kürzen zu müssen, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Median für den Tschechischen Rundfunk gezeigt hat. Konkret planen 55 Prozent der Befragten Einsparungen, vor allem bei Lebensmitteln, Sport oder Freizeitaktivitäten für Kinder. Dazu sagte die Wirtschaftsanalystin des Tschechischen Rundfunks, Jana Klímová:

„Es ist doch etwas dran, dass es uns ein bisschen besser geht, als wir denken. Es liegt einfach in der Natur der Tschechen, unzufriedener zu sein, als es der Realität entspricht. Aber der Lebensstandard in der Tschechischen Republik liegt, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, tatsächlich unter dem EU-Durchschnitt, wenn auch nur leicht. Mit 90 Prozent des EU-Durchschnitts befinden wir uns auf dem Niveau zum Beispiel der Slowenen.“

Eben die hohe Inflation der vergangenen Jahre trägt Schuld an der schlechten Stimmung und dem Misstrauen. Die Verbraucher haben auch immer noch mit den Auswirkungen zu kämpfen. Obwohl mittlerweile die Reallöhne wieder steigen, sind die Menschen in Tschechien tatsächlich immer noch ärmer als vor der Corona-Zeit vor fünf Jahren.

Autoren: Markéta Kachlíková , Tomáš Jeník
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