Schluss für das Parlamentsfernsehen 24cz

In einer der früheren Ausgaben unserer Mediensendung berichteten wir über die Schwierigkeiten, in die das tschechische Parlamentsfernsehen "24cz" geraten ist. Seit Anfang September herrschte für eine vorübergehende Zeit, wie es damals hieß, Funkstille. Doch vor wenigen Tagen kam das endgültige Aus für den tschechischen Parlamentskanal.

Warum ist 24cz eingegangen? Wohl am ehesten berufen, darauf zu antworten, ist der Direktor des Senders, Daniel Castvaj:

"Der Fernsehsender 24cz beziehungsweise die Betreibergesellschaft Regionmedia, die die Sendelizenz besitzt, ist eine private Anstalt, deren Besitzer Milos Cervenka gegenwärtig einen Handelsstreit mit der tschechischen Investment-Gruppe PPF führt. Weil sich beide Seiten gegenseitig verklagt und auch die Pfändung des gesamten Eigentums beantragt haben, hat Herr Cervenka nicht die Möglichkeit frei, über sein Eigentum zu verfügen. Das hat auch die weitere Finanzierung von 24cz in Mitleidenschaft gezogen. Das Mediengesetz erlaubt es uns, den Sendebetrieb einen Monat lang auszusetzen. Das haben wir Anfang September getan, verbunden mit der Hoffnung, dass bis Oktober alles geklärt ist. Das ist jedoch nicht eingetreten, und somit mussten wir dem Rundfunk- und Fernsehrat mitteilen, dass wir den Betrieb leider nicht wieder aufnehmen können."

Daniel Castvaj  (Foto: CTK)
Der Parlamentskanal 24cz ging erstmals im November 2004 auf Sendung und konnte über den Satelliten Astra 2C und über Kabel empfangen werden. Während zu Beginn fast ausschließlich die Sitzungen des Plenums und der Ausschüsse übertragen wurden, hatte sich nach und nach eine Programmstruktur von 24cz herauskristallisiert. Nun kamen auch eigene Diskussionssendungen und Sendungen mit Analysen und Hintergrundberichten hinzu. Im vergangenen Jahr gelang es 24cz zudem, einige bekannte Fernsehmoderatoren zu engagieren, die sich zuvor beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen Ceská televize oder beim privaten Kanal Nova einen Namen gemacht hatten.

Doch wie wird es für sie nun weiter gehen? In tschechischen Medienkreisen wurde in den vergangenen Tagen die Meldung verbreitet, dass das Redaktionsteam von 24cz angesichts der Ereignisse bereits an einem neuen Programm basteln würde, das unter der Bezeichnung 24Plus starten soll. In welchem Stadium befinden sich solche Vorbereitungen? Dazu sagt Daniel Castvaj:

"Die Betreibergesellschaft Regionmedia erhielt von der Rundfunkaufsicht seinerzeit noch eine weitere Lizenz für ein Programm mit der Bezeichnung 24Plus. Auch unser Vertrag, den wir mit dem Parlament haben und der die Grundlage für die Live-Übertragungen aus dem Plenum und den Ausschüssen bildet, gilt für beide Programme. Aber auch der Start des Projekts 24Plus, dessen Akzent weitaus stärker auf Hintergrundberichte und Analysen gelegt werden sollte, ist ebenfalls in Gefahr, weil auch dieses Projekt irgendwie finanziert werden muss. Und zur Zeit haben wir eben mit der Finanzierung Schwierigkeiten."

Das tschechische Parlamentsfernsehen 24cz war ein typischer Spartenkanal, dessen Sendestart vor gut drei Jahren auch mit den Vorbereitungen auf die bevorstehende Digitalisierung des Fernsehens in Tschechien zusammenhing. Wegen seines Themenschwerpunkts und der Konzentrierung auf die Berichterstattung aus der tschechischen Volksvertretung lässt sich annehmen, dass der Kreis der Zuschauer von Beginn an relativ klar auf Politiker oder politisch Interessierte beschränkt war. Das ist jedoch eine Annahme, die beim genaueren Hinsehen gar nicht stimmte, wie der 24cz-Direktor Castvaj erklärt:

"Wir haben bei der Agentur Stem-Mark eine Umfrage in Auftrag gegeben und dabei sehr interessante Zahlen erhalten. Dank der Verbreitung des Kabelfernsehens konnte uns theoretisch jeder zweite Haushalt in Tschechien empfangen. Die realen Zahlen bei den Einschaltquoten lagen aber natürlich weit darunter, weil sich unser Programm natürlich an eine sehr spezifische Zuschauergruppe richtete. Wir hatten aber auch Zuschauer im Ausland; unser Programm wurde in das größte Kabelnetz Deutschlands - Kabel Deutschland - eingespeist. Zudem waren die Verhandlungen über die Einspeisung von 24cz in die US-amerikanischen und kanadischen Netze waren bereits relativ weit fortgeschritten. Mit anderen Worten - im Ausland hatten wir also praktisch die gleiche Zielgruppe wie Radio Prag, weil es auch für das Ausland interessant sein kann, das Geschehen im tschechischen Parlament zu verfolgen. Natürlich haben zu unseren Zuschauern auch die tschechischen Abgeordneten und Senatoren gehört. Es lässt sich sogar sagen, dass wir von vielen, wenn wir ins Parlament gekommen sind, bevorzugt behandelt wurden - jedenfalls im Vergleich zu anderen tschechischen Fernsehstationen. Der Grund war, dass die Politiker bei uns sicher sein konnten, dass ihre Reden und Antworten auf unsere Fragen ungekürzt ausgestrahlt wurden. Wir haben auch jenen Themen breiten Raum eingeräumt, die gerade im Parlament behandelt wurden."

Mirek Topolanek  (Foto: CTK)
Das oft schwierige Verhältnis zwischen Politikern und Medien, das Daniel Castvaj andeutet, ist gerade in den letzten Tagen erneut greifbar geworden. Tschechiens Regierungschef Mirek Topolanek hat sich wieder einmal öffentlich darüber beschwert, dass ihn die Medien wegen privater Angelegenheiten belästigen und hat, wie schon seine sozialdemokratischen Vorgänger Stanislav Gross und Jiri Paroubek, laut über eine mögliche Verschärfung des geltenden Pressegesetzes nachgedacht.

Dabei hat der Premier gerade einmal vor einem Monat öffentlich verkündet, im Verhältnis zur siebten Weltmacht - also den Journalisten - ein neues, besseres Kapitel aufschlagen zu wollen.

Warum reagieren tschechische Spitzenpolitiker wie Regierungschef Topolanek immer gereizter auf die Fragen von Journalisten? Welche Erfahrungen hat Daniel Castvaj, der Direktor des tschechischen Parlamentsfernsehens 24cz, in dessen Sendungen gerade die Politiker im wahrsten Sinne des Wortes die Hauptdarsteller waren?

"Ich war selbst früher Journalist, dann eine Zeitlang Pressesprecher, jetzt bin ich als Manager wieder in die Medien zurückgekehrt. Somit glaube ich das Ganze gut beurteilen zu können. Teilweise haben die Politiker Recht. Es ist ja wirklich so, dass die Fernsehreporter es oft fertig bringen müssen, ein komplexes Problem im Rahmen von anderthalb Minuten zu behandeln und erklären. Das führt zwangsläufig zu einer Schwarz-Weiß-Sicht der Dinge. Dann gibt es natürlich auch Sendungen, in denen etwas mehr Zeit ist. Aber selbst das reicht oft nicht aus. Und eben hier lag die Chance unseres Senders, auch wenn natürlich für den Großteil der Zuschauer unsere Direktübertragungen aus dem Parlament langweilig gewesen sind, aber ich denke, dass für die Entscheidungsträger so etwas völlig unverzichtbar ist."