Schulreform hält Einzug auch in tschechische Kindergärten

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Am 3. September ist es so weit: In Tschechien beginnt ein neues Schuljahr und mit ihm kommen viele Neuigkeiten auf die jüngste Generation, aber auch auf ihre Lehrer zu. Die bisher nur in Pilotprojekten getestete Schulreform soll ab kommender Woche bereits flächendeckend in die Praxis umgesetzt werden. Die Neuigkeiten halten sogar in den Kindergärten Einzug.

In rund 5000 Kindergärten, die etwa 290.000 Kinder besuchen, wird ein Projekt ins Leben gerufen, das die Kleinen verstärkt als Individuen unter die Lupe nehmen soll. So soll den Kindergärtnerinnen nun die Aufgabe zukommen, jedes einzelne Kind regelmäßig zu bewerten. Dabei geht es nicht so sehr um die Kenntnisse, sondern wie sich zum Beispiel seine Sprach- und Bewegungsfähigkeiten oder seine Talente entwickeln.

Mit dem Projekt wird das Ziel verfolgt, jedes Kind nach individuellem Maßstab zu fördern und ihm den Übergang zur Grundschule zu erleichtern. Ausgewählte Kindergärten haben bereits Erfahrungen mit der Kinderbewertung in einem Pilotprojekt gesammelt, wie zum Beispiel der Kindergarten Na korabe im 8. Prager Stadtbezirk. Seine Leiterin Hana Francova berichtete am Montag im Tschechischen Fernsehen:

"Wir bewerten zum Beispiel das Niveau der Kinderzeichnungen oder den erreichten Selbstständigkeitsgrad; das heißt, inwieweit die Kinder zum Beispiel fähig sind, sich an- und auszuziehen, wie sie mit Besteck umgehen können und so weiter."

Natürlich sollten die Betreuerinnen auch bisher schon aufmerksam verfolgen, inwieweit die Fähigkeiten jedes Kindes seinem Alter entsprechen. Von nun an müssen sie aber systematisch ihre Beobachtungen über den gesamten Zeitraum der Präsenz der Kinder im Kindergarten schriftlich aufzeichnen. Dana Moravcova, Leiterin eines Kindergartens in Prag 2:

"Jedes einzelne Kind wird in regelmäßigen Zeitabständen von ungefähr drei Monaten jeweils von zwei Kindergärtnerinnen bewertet. Daraus ist über einen längeren Zeitraum ersichtlich, ob ein Kind Fortschritte macht, eher stagniert oder eventuell sogar in der Entwicklung zurückfällt. Dementsprechend wird dann mit dem Kind gearbeitet."

Das dürfte natürlich nicht nur für die Kinder selbst nützlich sein. Katerina Smolikova vom Pädagogischen Forschungsinstitut:

"Wenn die Kindergärtnerin die Eltern konsultiert, die ja das Recht haben, sich mit den Aufzeichnungen vertraut zu machen, dann können sie auch sehen, was ihrem Kind im Kindergarten beigebracht wird."

Bei solchen Konsultationen sollen sich beide Seiten gegenseitig auch darüber austauschen, ob nicht vielleicht der Umgang mit dem jeweiligen Kind korrigiert werden muss.