Stefan Gehrold von der Konrad Adenauer Stiftung: Demokratie braucht Demokraten

Stefan Gehrold (Foto: www.kas.de)
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In den folgenden Wochen wollen wir Ihnen in der Sendereihe "Heute am Mikrophon" einige deutsche politische Stiftungen vorstellen, die in Prag aktiv sind. Den Anfang macht diesen Montag ein Gespräch, das Gerald Schubert mit Stefan Gehrold geführt hat, dem Büroleiter der Konrad Adenauer Stiftung in Tschechien.

"Die Konrad Adenauer Stiftung ist eine der derzeit fünf deutschen politischen Stiftungen. Wir haben uns im Wesentlichen der politischen Bildungsarbeit verschrieben. Unter ihrem jetzigen Namen besteht die Konrad Adenauer Stiftung seit dem Jahr 1964. Sie hatte aber bereits eine Vorgängerin, nämlich die Christdemokratische Gesellschaft für politische Bildung. Hintergrund ist, dass man in der Nachkriegszeit bemüht war, die Wiederholung der Fehler, die in der Weimarer Republik begangen wurden, zu vermeiden - vor allem den Versuch, eine Demokratie zu errichten, die im Wesentlichen kaum Demokraten hatte."

Seit wann ist die Konrad Adenauer Stiftung auch in Prag ansässig?

"In Prag sind wir seit 1991."

Die zentrale Zielsetzung der Stiftung wird sich im Laufe der letzten vier Jahrzehnte wohl kaum geändert haben. Aber blicken wir nach Prag: Welche konkrete Zielsetzung verfolgt die Konrad Adenauer Stiftung denn hier?

"Es ist richtig, dass die allgemeinen Zielsetzungen sich nicht verändert haben. Aber gegen Ende der sechziger Jahre haben wir mit der internationalen Zusammenarbeit begonnen, die zum allergrößten Teil aus deutschen Steuergeldern finanziert wird. Dort hat es in der Tat eine Veränderung der Zielsetzung gegeben, oder auch einen Zuschnitt von Zielsetzungen im Hinblick auf bestimmte Regionen der Erde, in denen wir tätig sind. So ist die Arbeit der Stiftung in Lateinamerika anders als in Mittel- und Osteuropa. Auch in Prag haben wir einen ganz besonderen Zuschnitt. Vor kurzem habe ich einen neuen Antrag an das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung formuliert, in dem ich für die nächsten Jahre der Stiftungsarbeit drei Oberziele genannt habe: Das erste wäre die Stärkung der europäischen Integration, das zweite die Stärkung der repräsentativen Demokratie und das dritte eine Diskussion über Werte und Ethik."

Sehen wir uns die Punkte der Reihe nach an. Was die europäische Integration betrifft, so kann man glaube ich beobachten, dass der Europäische Verfassungsvertrag oder die Auswirkungen des EU-Beitritts bzw. der mittlerweile einjährigen EU-Mitgliedschaft Tschechiens hier wirklich große Diskussionsthemen sind. Sehen Sie das auch so? Und muss man dann die innertschechische Diskussion überhaupt noch fördern?

"Die Diskussion ist tatsächlich intensiv. Aber wir gehen von der grundsätzlichen Förderungswürdigkeit der Idee aus. Es gibt überall Tendenzen, die die europäische Integration in einem anderen Licht sehen. Tendenzen, die zum Beispiel nationale Modelle bevorzugen und für zukunftsfähiger halten. Da sind wir anderer Meinung, und wir versuchen, die Diskussion in diese Richtung zu beeinflussen. Deshalb sind auch Partner in der Tschechischen Republik, die sich mit dem Thema 'europäische Integration' positiv beschäftigen, für uns die Hauptpartner."

Der zweite Punkt, den Sie genannt haben, war die Stärkung der repräsentativen Demokratie? Welche Mittel stehen Ihnen dabei zur Verfügung?

"Da gibt es eine ganze Reihe von Maßnahmen, etwa Publikationen, Seminare oder Konferenzen. Es gibt aber Unterziele, und darauf wollen Sie wahrscheinlich hinaus. So gibt es zum Beispiel den Bereich Medien, in dem wir sehr aktiv sind. Etwa was Ausbildung und Vernetzung von Journalisten betrifft oder Erfahrungs- und Gedankenaustausch mit Journalisten aus anderen Ländern - auch aus Deutschland, aber nicht notwendigerweise nur aus Deutschland. Ein anderer Bereich ist die Stärkung der Rolle der politischen Parteien in demokratischen Systemen. Ich glaube, auch da ist viel zu tun, sowohl was das Image als auch was die Strukturen der Parteien betrifft. In Tschechien haben die Parteien zum Beispiel, im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern, relativ wenige Mitglieder. Das ist eine schwierige Situation, weil eine Partei sich ja auch aus dem Ideenpotential und dem Engagement ihrer Mitglieder speist. Wenn wir einen Beitrag dazu leisten können, dass sich das nachhaltig ändert, dann haben wir wirklich etwas geschafft."

Der dritte Punkt, den Sie genannt haben, war die Ankurbelung einer Diskussion über Moral und Werte. Welche Phänomene finden Sie denn im Kontext Ihrer täglichen Arbeit spezifisch tschechisch? Gibt es irgendetwas, wo sie in Tschechien konkreter reagieren müssen als in anderen Ländern?

"Zunächst ganz grundsätzlich: Diese Wertediskussion ist etwas, was die Konrad Adenauer Stiftung weltweit macht. Vor allem vor dem Hintergrund neuer Technologien wie Biotechnologie, Gentechnologie usw. Ich glaube, da kommen Herausforderungen auf die Gesellschaften zu, mit denen wir uns noch beschäftigen müssen. Wo wir etwa das Thema Leben vielleicht auch neu definieren müssen. Konkret zur tschechischen Situation: Ich kann hier einen Vergleich zur Slowakei ziehen, für die ich ebenfalls zuständig bin, und wo das etwas anders ist: Die Position der Kirchen und Religionsgemeinschaften als 'Wächter' oder Antreiber der Wertediskussion in der Gesellschaft ist hier in Tschechien relativ schwach ausgeprägt. Ich war vorher in Kroatien tätig, da war das auch vollkommen anders. Uns geht es aber nicht darum, die Kirchen an sich zu fördern. Uns geht es darum, dass die Stellung der Kirchen erkannt wird, damit die Kirchen und die Religionsgemeinschaften diese Wächterrolle wahrnehmen können."

Ist die tschechische Gesellschaft offen für Stiftungsarbeit wie die Ihre, oder sind die Menschen eher skeptisch?

"Wir haben hier jetzt eine Tradition von 14 Jahren. Aus meiner etwa eineinhalbjährigen Erfahrung in Prag kann ich sagen: Ich habe schon den Eindruck, dass man in der Tschechischen Republik sehr offen ist für die Stiftungsarbeit. Ich kann da keine großen Unterschiede zu anderen Ländern erkennen, in denen ich vorher war. Meine Kollegen haben das ähnlich gesehen und auch so an mich weitergeleitet. Also, ich habe eigentlich gute Erfahrungen."

Zum Abschluss noch kurz zum Persönlichen: Was haben Sie für einen Werdegang und welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

"Heute ist es ja relativ schwierig zu sagen, welche Pläne man für die Zukunft hat, da die Arbeitswelt sich insgesamt verändert hat, und die Zeiten, in denen man 40 Jahre lang einen Arbeitgeber hatte, vorbei sind. Ich selbst bin von Beruf eigentlich Rechtsanwalt. Nach einigen Jahren anwaltlicher Tätigkeit habe ich zunächst in einem Wirtschaftsunternehmen in Leipzig gearbeitet und wurde dann im Jahr 2000 von der Stiftung für das Projekt Kroatien verpflichtet. Im Jahr 2003 hat man mir dann die Stelle in Prag angeboten. Ich habe sie sehr gerne angenommen, weil das natürlich eine große Herausforderung ist. Prag wird innerhalb der Stiftung auch ganz anders bewertet als etwa die Außenstelle Zagreb. Was nach Ablauf meines Vertrages Ende 2007 passieren wird, kann ich noch nicht im Einzelnen sagen. Es gibt Überlegungen der Stiftung, dass ich dort weiterarbeite, aber aufgrund der finanziellen Situation kann mir die Stiftung das noch nicht garantieren. Ich muss mir also viele Wege offen halten. Vielleicht werde ich ja auch wieder Rechtsanwalt."


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