Strukturen des sozialen Dialogs werden innerhalb der EU angepasst

Seminarteilnehmer

Der soziale Dialog stellt einen der Bereiche dar, in denen es immer noch Unterschiede zwischen den neuen und den alten EU-Ländern gibt. Sozusagen am Vorabend der EU-Erweiterung wurde in Prag ein Seminar organisiert, dessen Ziel es war, die Strukturen des sozialen Dialogs in Europa zu stärken und aneinander anzupassen. Martina Schneibergova berichtet:

Seminarteilnehmer
Veranstaltet wurde das Seminar vom Europäischen Zentrum für Arbeitnehmerfragen (EZA), das ein Netzwerk von mehr als 60 Arbeitnehmerorganisationen christlich-sozialer Orientierung aus 18 Ländern Europas ist. Im Jahr 2004 bereitete das Zentrum ein Projekt für die Arbeitnehmerorganisationen aus acht neuen osteuropäischen EU-Staaten und Rumänien vor - unter dem Motto "Anpassung der Strukturen des Europäischen Sozialen Dialogs - Arbeitsorganisation und Arbeitsumfeld". Während des so genannten "Startseminars" in Prag diskutierten die Vertreter der verschiedenen Arbeitnehmerverbände u.a. darüber, was für die erwähnte Anpassung unter Berücksichtigung des legislativen Rahmens in den einzelnen Ländern notwendig ist. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand die Arbeitsorganisation in den Betrieben, wozu etwa Fragen nach Mitbestimmung der Arbeitnehmer, flexibler Arbeitszeit oder Teamarbeit gehören. EZA-Generalsekretärin Roswitha Gottbehüt erinnerte dabei an den Amsterdamer Vertrag, konkret an den Paragrafen 138, der den Dialog zwischen den Sozialpartnern zum Thema hat und der Europäischen Kommission dabei eine vermittelnde Rolle zuschreibt:

"Die Beitrittsländer müssen diese Bestimmung übernehmen - so, dass also der gesetzliche Rahmen von außen gegeben ist. Dann ist es leichter für die entsprechenden Parteien, ihn in den jeweiligen Ländern auch tatsächlich zu etablieren."

Europaabgeordnete Anne-Karin Glase
Der Leiter des Sozialinstituts aus Ostrava, Bedrich Vymetalík, sieht einen diametralen Unterschied zwischen den theoretischen Möglichkeiten der Entwicklung des sozialen Dialogs und dessen realer Umsetzung in Tschechien:

"Das größte Problem ist meiner Meinung nach, dass man sich um den sozialen Dialog nicht kümmert. Man sagt oft, er sei unwichtig, man brauche ihn nicht. Wenn wir z. B. über die Arbeitsbedingungen sprechen: Im Arbeitsgesetz ist die Möglichkeit verankert, die Betriebsräte zu wählen, aber soviel ich weiß, ist das meistens eine sehr formale Angelegenheit. Das, was in Deutschland Mitbestimmung heißt, das existiert meiner Meinung nach hier fast nicht. Ich sehe ein großes Problem darin, dass sich die politische Macht für den Sozialen Dialog nicht interessiert. Es ist die Frage, was man tun könnte, um die Atmosphäre zu verändern. Aus diesem Grund haben wir das Seminar durchgeführt: Um zu überlegen, was man bewirken kann, damit sich die Menschen für den sozialen Dialog mehr interessieren."

Die Europaabgeordnete Anne-Karin Glase, die zu dem Seminar eingeladen wurde, ist eher optimistisch, was die Umsetzung der europäischen Erfahrungen in den neuen EU-Staaten anbelangt:

"Ich glaube, das geht schneller als wir denken oder befürchten, weil der soziale Dialog ein Erfolgsmodell der Europäischen Union ist."

Auf die Frage nach ihrer Meinung über die Möglichkeiten der tschechischen Arbeitnehmerorganisationen sagte Karin Glase:

"Da habe ich bisher eher von der Theorie her Erfahrungen. Aber ich glaube, der Weg, den Tschechien eingeschlagen hat, der führt in die richtige Richtung. Es ist sicherlich ein mühevoller Weg, der nicht ganz einfach ist. Aber Tschechien hat sich gut vorbereitet und ist dem Ziel sehr nahe."