Theaterfestival Divadlo 2013 konzentriert sich auf kleine Formen

„Fräulein Julie“ des „Theaters der Nationen“ (Foto: Archiv des Theaterfestivals)

Divadlo heißt Theater. Im Rahmen des Internationalen Theaterfestivals mit dem schlichten Namen Divadlo präsentieren sich ab diesem Mittwoch in der westböhmischen Stadt Pilsen 26 Theater aus der Tschechischen Republik und aus weiteren Ländern Mittel- und Osteuropas.

Jan Burian  (Foto: ČTK)
Zum 21. Mal gehört die westböhmische Stadt Pilsen eine Woche lang der Theaterkunst. Festivaldirektor Jan Burian spricht über die Stellung des Pilsner Festivals unter den Theaterfestspielen hierzulande:

„Das internationale Theaterfestival in Pilsen hat meiner Meinung nach das höchste Prestige unter den Theaterfestivals in der Tschechischen Republik. Es entstand als das erste freie Festival nach 1989. Es hat eine bedeutende Position - zumindest im mitteleuropäischen Kontext. Wir konzentrieren uns in den letzten Jahren auf die Präsentation nicht nur der besten, sondern auch der innovativen Leistungen aus den so genannten Visegrad-Ländern, wir präsentieren aber auch kleinere Theaterkulturen wie die aus dem Baltikum, aus Skandinavien oder aus dem Balkan. Wir bringen aber auch Vorstellungen der großen Theaterkulturen, wie es die britische oder russische sind. Mit Absicht vernachlässigen wir gewissermaßen das deutschsprachige Gebiet, da das deutschsprachige Theater ein selbständiges Festival in Prag hat, dem wir nicht konkurrieren wollen. Das Festival hat eine bereits so feste Position, dass es – hoffe ich – auch weiterhin existieren wird.“

Jan Kerbr  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
In Pilsen werden die besten Vorstellungen gezeigt, die in der vergangenen Saison auf tschechischen Bühnen geschaffen wurden. Festivaldramaturg Jan Kerbr:

„Im Vergleich mit den früheren Jahren konzentriert sich das diesjährige Programm mehr auf kleinere Formen. Denn wir haben festgestellt, dass der wichtigste Strom des tschechischen Theaters, in dem grundlegende Fragen und Probleme formuliert werden, eher in den Vorstellungen sozusagen am Rande zu finden ist. Dies bedeutet aber nicht, dass wir keine größeren Inszenierungen nach Pilsen bringen.“

„Fräulein Julie“ des „Theaters der Nationen“  (Foto: Archiv des Theaterfestivals)
Kabaretts, Autorenprojekte, Dramatisierungen, der neue Zirkus und Puppentheater stehen neben klassischen Inszenierungen auf dem Programm. Neben der tschechischen Auswahl führen Theaterensembles aus der Slowakei, Polen, Ungarn und Lettland ihre interessantesten Vorstellungen in Pilsen vor. Als der größte Anziehungspunkt gilt Strindbergs „Fräulein Julie“ des „Theaters der Nationen“ aus Moskau unter Regie des Direktors der Berliner Schaubühne Thomas Ostermeier. Mit dieser Vorstellung wird der Hauptteil des Festivals am 15. September abgeschlossen. Festivaldramaturgin Kamila Černá:

„Fräulein Julie“ des „Theaters der Nationen“  (Foto: Archiv des Theaterfestivals)
„Für die tschechischen Zuschauer kann interessant sein, welche Wirkung die Inszenierung haben wird. Interessant ist die Auseinandersetzung zwischen der reinen, genau kalkulierten deutschen Regie und der Schauspielkunst, die auf der traditionellen russischen Schule und dem inneren Erlebnis des Schauspielers basiert.“

Anlässlich des Festivals kommen Theaterschaffende, Theaterstudenten und Theaterinteressierte aus ganz Tschechien nach Pilsen. Festivaldirektor Jan Burian spricht über die Bedeutung des Festivals für das Theaterleben der westböhmischen Stadt selbst:

„Das wichtigste ist, dass die Pilsner Zuschauer, die große Theaterfans sind, die Möglichkeit haben, die besten Theaterleistungen zu sehen, die in der Tschechischen Republik und in Mitteleuropa entstanden sind. Dies muss sich unbedingt auch in der Qualität des Pilsner Theaters widerspiegeln, weil das Publikum belehrter und gebildeter ist. Andererseits zeigt das Festival zahlreiche Vorstellungen, die in einem üblichen Repertoire schwierig zur Geltung kommen würden. Dank des Festivals haben die Zuschauer die Möglichkeit, sich damit bekannt zu machen.“