Tschechische Initiative: Mehr Munition als geplant für die Ukraine?

Foto: Klára Stejskalová

Vor knapp zwei Wochen hat Russland eine massive Bodenoffensive in der Region Charkiw gestartet. Die ukrainischen Streitkräfte haben anscheinend Probleme, sich dort zu verteidigen. Das hebt unter anderem auch die Bedeutung der tschechischen Munitionsinitiative an, die ab Juni voll anlaufen soll. Im Folgenden mehr zum Stand der Initiative.

Tschechien hat seit einigen Monaten eine wichtige Stellung inne bei der militärischen Hilfe für die Ukraine. Die ganze Welt horchte auf, als Staatspräsident Petr Pavel im Februar eine Initiative vorstellte, um Artilleriemunition aus Drittländern zu besorgen. Seitdem haben rund 20 westliche Staaten zugesagt, zur Finanzierung beizutragen.

Quelle: Nadační fond pro Ukrajinu

Tomáš Kopečný ist der Beauftragte der tschechischen Regierung für den Wiederaufbau der Ukraine. Er gehört auch zu den Architekten der Initiative. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks erläuterte Kopečný, warum ausgerechnet Prag den Munitionskauf vermitteln konnte. Dabei betonte er unter anderem die guten Beziehungen zu zahlreichen Staaten Afrikas, Asiens sowie Süd- und Mittelamerikas, die noch aus kommunistischen Zeiten herrühren:

„Wir haben einen historischen Vorteil, der auf der Zeit von den 1960er bis in die 1980er Jahre gründet. Nur deswegen sind die Regierungen bereit, mit uns Verhandlungen über ein solch delikates Thema zu führen. Zudem sind unsere Firmen durch ihre Handelsbeziehungen der vergangenen 20 Jahre darüber informiert, wo sich was zu welchem Preis kaufen lässt.“

Tomáš Kopečný | Foto: Ľubomír Smatana,  Tschechischer Rundfunk

Laut Äußerungen unter anderem von Premier Petr Fiala (Bürgerdemokarten) im April sollen die Munitionslieferungen im Juni voll anlaufen. Angesichts der derzeitigen russischen Offensive in der Region Charkiw fragt sich: Warum nicht früher?

„Wenn man die Diskussion im Februar beginnt und jemand sich im März dann politisch der Initiative anschließt, dann wird der Beitrag meist nicht vor April überwiesen. Es dauert einige Wochen von der Zusage durch einen Premierminister bis zur Verabschiedung im Parlament und der Budgetanweisung, sodass das Geld auf einem Konto eingeht und ein tschechischer Beteiligter tätig werden kann. Manche Staaten haben bis heute ihren Beitrag noch nicht geleistet“, so der Regierungsbeauftragte.

Laut Kopečný weitet die Initiative die Möglichkeiten jener Lieferungen aus, mit denen Tschechien ohnehin bereits die Ukraine versorgt:

„Tschechien liefert regelmäßig und konstant. Die Dinge laufen jetzt schon, wie sie es im Juni sollen. Alle zwei Wochen überstellen wir eine relativ hohe Zahl an großkalibriger Munition. Da wir aber die Aufmerksamkeit der Welt bekommen haben und die entsprechende Finanzierung erhalten, werden unsere monatlichen Lieferungen in ihrem Umfang vervielfacht – vor allem wegen des Geldes aus Dänemark und den Niederlanden.“

Der tschechische Präsident Pavel nannte bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar eine Zahl von 800.000 Artilleriegeschossen, die durch die Initiative an die Ukraine geliefert werden könnten. Der Regierungsbeauftragte sagt aber, dass es auch mehr sein könnte:

„Um ganz ehrlich zu sein, das Zahlenspiel beruht auf einem gewissen Erwartungsmanagement aufgrund von Absprachen mit der ukrainischen Armee und vor allem mit den Spendern. Wir können auch eine Million Geschosse liefern – und das in derselben Geschwindigkeit wie die 500.000 Stück Munition, für die wir jetzt bereits das Geld haben. Nur haben wir die Mittel dafür nicht. Aber wir könnten auch drei Millionen Geschosse bereitstellen – dies ist nur eine Frage der Finanzierung.“

Autoren: Till Janzer , Ian Willoughby , Šárka Fenyková
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