Seit mehr als 200 Jahren kann man sich in Františkovy Lázně / Franzensbad heilen lassen. Dabei bietet das Städtchen im Nordwesten Böhmens eine Besonderheit, die andere tschechische Kurorte nicht haben: Moorbäder. Mehr zur Geschichte und Gegenwart von Franzensbad nun im zweiten Teil unserer Serie über tschechische Kurbäder.
Schon seit dem späten Mittelalter sind die Heilquellen von Franzensbad bekannt. Zunächst wurde das Wasser aber exportiert – und zwar vor allem nach Deutschland. Es hieß Egerwasser oder Egerer Sauerbrunn, weil die Quelle damals noch zum Gebiet der gleichnamigen Stadt gehörte. Erst 1793 wurde das Kurbad angelegt, gefördert vom Habsburger Kaiser Franz II. Der Ort nannte sich dementsprechend Kaiser-Franzensdorf. Petra Matějková ist Dramaturgin des Kulturprogramms in Franzensbad. Sie sagt, dass es damals dort noch ziemlich anders ausgesehen habe als heute:
„Es gab eine einzige Straße, das war die heutige Nationalstraße, früher Kaiserstraße. Alle Häuser hatten damals im ersten Stock eine Unterkunft mit Wanne, denn die Anwendungen wurden zunächst direkt in den Häusern verabreicht. Entweder wurde das Heilwasser dort hingeleitet oder hingetragen.“
Die Entwicklung schritt jedoch schnell voran. 1828 entstand erstmals ein zentraler Kurbetrieb. 1865 wurde der Ort zur Stadt erhoben. Und die heutigen so schönen gelb-weißen Fassaden von Franzensbad stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Verantwortlich dafür waren die Architekten Karl und Gustav Wiedermann, Vater und Sohn.
„Karl Wiedermann zog 1840 aus Přimda (Deutsch: Pfraumberg, Anm. d. Red.) hierher und brachte den romantischen Historismus nach Franzensbad. Sein Sohn Gustav Wiedermann studierte Architektur in München. Beide Herren prägten das Aussehen der Stadt. Ihre Häuser im romantischen Historismus entstanden ab 1860. Das bedeutete auch, dass die ursprünglichen grauen Farbtöne in helle verwandelt wurden – also in das Weiß und das Ockergelb, das Franzensbad so schön macht und das angenehm und optimistisch auf die Gäste wirkt“, so Petra Matějková.
Schönbrunner Gelb nennt sich im Übrigen die Farbgebung. Vom Architekten-Sohn Gustav Wiedermann stammen zum Beispiel das Kurbad II, auch Kaiserbad genannt, die Villa Imperial oder etwa die Russisch-Orthodoxe Kirche.
Schönbrunner Gelb und Torf
Heute hat das Städtchen Franzensbad rund 5400 Einwohner. Damit ist es deutlich ruhiger als die benachbarte mondäne Kurstadt Karlovy Vary / Karlsbad. Die Behandlungen beruhen auf drei unterschiedlichen Verfahren. Josef Ciglanský ist Generaldirektor der Kurbad-Gesellschaft Františkovy Lázně. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks erläuterte er vor kurzem:
„Zur Heilung unserer Gäste nutzen wir wirklich unsere örtlichen Naturquellen. Die größte Besonderheit ist dabei das Schwefel-Eisen-Moor, das wir zur Behandlung des Bewegungsapparats nutzen. Aus dem Torf machen wir Umschläge für die Knie, Schultern oder den Rücken. Zudem befinden sich direkt in Franzensbad gut zwanzig Heilquellen, die für Bäder und zur Trinkkur genutzt werden. Und nicht zuletzt haben wir Natur-Heil-Gas, das aus dem Heilwasser gewonnen wird.“
Für die Moorpackungen wird der dunkle Torf in eisernen Bahnwaggons in die Stadt gebracht. Im Gebäude unmittelbar neben dem Moorbad wird er für die Anwendungen aufbereitet. Dann kommt die dunkle Masse in Wannen, in die die Kurgäste letztlich steigen. Die Heilbadtechnikerin Romana Omáčková erläutert die Wirkung:
„In der Wanne wärmt sich der Körper nachhaltig auf. Denn dann beginnt eine der physikalischen Eigenschaften des Torfs zu wirken. Das wirkt entspannend auf die Skelettmuskulatur und die glatten Muskeln. Damit werden Krämpfe gelöst, auch beispielsweise an der Magenwand, außerdem nutzen wir dies im Bereich der Gynäkologie.“
Auch die Heilwässer von Franzensbad sind besonders. Sie würden sich in einem zentralen Punkt von jenen zum Beispiel in Karlsbad unterscheiden, erläutert Kurbad-Chef Ciglanský…
„In Karlsbad ist die Trinkkur die wichtigste Prozedur. Bei uns hat sie nur eine unterstützende Wirkung. Denn die Mineralquellen in Franzensbad sind kalt, ihre Temperatur liegt zwischen neun und zwölf Grad Celsius. Zudem enthalten sie viel Salz. Das heißt, dass sie durchspülen. Für manche Indikationen ist das aber sehr gut.“
Und was wird in dem Kurbad vor allem behandelt?
„Wir haben vier sogenannte Indikationen, wie dies fachsprachlich genannt wird. Zunächst sind es Herz- und Gefäßerkrankungen – wenn also jemand einen Herzinfarkt durchgemacht oder Probleme mit der Durchblutung hat. Dazu kommen traditionelle Erkrankungen des Bewegungsapparats, die heutzutage ja fast jeden treffen. Eine Besonderheit bei den Behandlungen hier sind gynäkologische Erkrankungen. Dazu gehört auch eine mögliche Unfruchtbarkeit. Und nicht zuletzt bieten wir Nachbehandlungen von Krebspatienten an. Dieser Bereich entwickelt sich derzeit noch, aber immer mehr Gäste kommen deswegen hierher. Denn der Kampf gegen den Krebs wird zunehmend erfolgreicher“, so der Kurbad-Chef.
Und dann gibt es noch ein ganz neues Phänomen: So können sich auch Covid-19-Patienten in Franzensbad nachbehandeln lassen. Josef Ciglanský sieht darin großes Potenzial und hat dies bereits ins Kurangebot aufgenommen:
„Wir bieten eine Covid-Rekonvaleszenz an, wie wir das nennen. Der Aufenthalt sollte mindestens sieben Tage dauern, besser aber doppelt so lang. Dabei soll das Immunsystem gestärkt und eine bessere Fitness erreicht werden. Der Mensch soll sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht wieder zu sich zurückfinden.“
Covid-Rekonvaleszenz und Radtouren
Die Lage von Franzensbad ist ideal für Menschen, die sich körperlich vielleicht nicht ganz so viel zutrauen. Denn das Städtchen befindet sich zwar auf rund 450 Metern Meereshöhe, liegt aber im sogenannten Egerer Becken.
„Deswegen sind wir als Kurbad vielleicht gerade bei älteren Menschen beliebt, also ab 60 Jahren. Denn unsere Umgebung ist eher flach. Dort können auch jene problemlos spazieren gehen, die sich die Berge nicht zutrauen“, sagt Ciglanský.
Ein Kuraufenthalt laufe meist so ab, dass der Gast am Vormittag mehrere Anwendungen habe, erläutert der Fachmann. Danach stehe die Zeit für kulturelle oder sportliche Aktivitäten zur Verfügung:
„Bei uns in Franzensbad bietet sich eine breite Skala an Möglichkeiten an. Zu den beliebtesten sportlichen Aktivitäten gehören Radtouren. Wir haben dafür einen Verleih, bei dem man sich auch ein E-Bike besorgen kann. Außerdem sind die Golf-Aufenthalte bei uns bekannt. In unserer Region befinden sich gleich mehrere Golfplätze. Und nicht zuletzt sorgen wir auch für ein kulturelles Angebot. Dafür arbeiten wir mit der Stadt Franzensbad zusammen. Obwohl wir nur eine kleine Kommune mit rund fünftausend Einwohnern sind, haben wir ein eigenes Theater. Die Vorstellungen dort richten sich auch an ausländische Besucher. Neben Tschechen kommen nämlich vor allem Deutsche hierher. Außerdem werden Kolonnaden-Konzerte veranstaltet. In unseren Häusern gibt es zudem am Nachmittag kleinere Musik-Matineen.“
Im Übrigen bestehen auch für den Besuch der Kureinrichtungen die allgemein gültigen tschechischen Corona-Hygienevorschriften. Das heißt, dass man entweder vollständig geimpft sein oder eine Corona-Infektion aus dem vergangenen halben Jahr vorweisen muss. In allen anderen Fällen wird ein negativer Corona-Test verlangt. Schnelltests werden dabei vor Ort auch noch angeboten für jene, die es vorher nicht geschafft haben.