Tschechische Schulen und die Hürde des Online-Unterrichts
Seit 11. März bereits sind die Schulen in Tschechien wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Im besten Fall wird der Unterricht seitdem ganz einfach online fortgesetzt. Doch meistens klappt dies nicht.
Eines der positiven Beispiele ist die kleine Schule des Ortes Hradek nad Nisou zu Sachsen und zu Polen.
„Bei uns hat jeder Lehrer sein Notebook oder Tablet“, erläutert Schulrektor Petr Kruliš.
Er betreut fünf Lehrer und 70 Schüler, und man ist ständig per Internet miteinander in Kontakt. Die Eltern sind dadurch praktisch außen vor und müssen sich nicht kümmern.
Doch das ist eher die Ausnahme in Tschechien, wie eine neue Umfrage ergeben hat. Das Meinungsforschungsinstitut Kalibro hat dafür mehrere Tausend Lehrer und Eltern hierzulande um ihre Antworten gebeten. Demnach sind es gerade einmal neun Prozent der Familien, deren Kinder jetzt in Corona-Zeiten am Online-Unterricht teilnehmen.
Ein Drittel der Eltern verbringt hingegen bis zu zwei Stunden damit, seine Kinder selbst zu unterrichten. Und rund 45 Prozent der Väter und Mütter sogar bis zu drei Stunden und mehr. David Souček leitet Kalibro:
„Viele Eltern – es sind etwa 50 Prozent – bezeichnen den Hausunterricht als eine Belastung für das Familienleben.“
Wie Souček weiter erläutert, hat sich das direkt bei der Umfrage gezeigt. Häufig seien die Antworten erst gegen Mitternacht eingetrudelt, weil die Eltern ganz offensichtlich bis dahin mit ihren sonstigen Verpflichtungen zu tun hatten. Dabei machen sich diese zugleich große Sorgen um die Schulleistungen und befürchten künftig schlechtere Noten für ihren Nachwuchs…
„Die Eltern quält vor allem die Angst, dass ihre Kinder den Unterrichtsstoff nicht verstehen könnten“, so David Souček.
Das zentrale Problem liegt jedoch woanders: 41 Prozent der tschechischen Lehrer glauben, nicht ausreichend über Fertigkeiten für den Online-Unterricht zu verfügen. Andersherum trauen sich dies nur 28 Prozent von ihnen zu. Diese zweite Zahl liegt laut der OECD-weiten Umfrage „Talis“ deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Daniel Münich ist Analytiker des Forschungszentrums Cerge-EI:
„Bei den meisten Lehrern hierzulande bestehen in diesem Bereich hohe Hürden. Ihnen fällt es schon schwer, überhaupt eine Idee zu entwickeln, wie sie den von ihnen praktizierten Frontal-Unterricht in das umwandeln können, was die Informatik heute möglich macht. Für sie ist dies unvorstellbar.“
Die Schulen haben zudem vom Bildungsministerium auch keinerlei Anleitungen erhalten, wie sich Online-Unterricht gestalten ließe. Im Endeffekt hängt es vom Geschick der Schulrektoren und Lehrer ab, wie gut der Unterricht in Corona-Zeiten weiterläuft.