Welle der Solidarität: In Tschechien werden erste Flüchtlinge aus Ukraine in Empfang genommen

Flüchtlinge aus der Ukraine

Tschechische Hilfsorganisationen und Kreisverwaltungen schicken Autobusse an die polnische und slowakische Grenze zur Ukraine, um dort ankommende Kriegsflüchtlinge abzuholen. Vor allem Frauen und Kinder sind es, die nun auch hierzulande untergebracht werden. Die tschechischen Ämter organisieren bisher die Aufnahme von bis zu 5000 Menschen. Spontane Hilfe kommt aber auch von vielen Einzelpersonen.

Radim Kupec | Foto:  NGO „Přes hranice“

Radim Kupec und Michaela Plesarová von der NGO „Přes hranice“ (Über Grenzen) sind am vergangenen Wochenende mit zwei leeren Autobussen bis in den äußersten Osten der Slowakei gefahren. Dort nahmen sie eine größere Gruppe von Frauen und Kindern in Empfang, die aus ihrer ukrainischen Heimatstadt Kolotschawa geflohen sind. Umgehend traten sie die Rückfahrt ins südböhmische Hluboka nad Vltavou / Frauenberg an, wo die beiden Fahrzeuge am Sonntag eintrafen. In ihrer dortigen Unterkunft könne die Gruppe zunächst beisammen bleiben, so Radim Kupec, der Leiter von „Přes hranice“:

„Kolotschawa ist die Partnerstadt von Hluboka. Der hiesige Bürgermeister Tomáš Jirsa arbeitet eng mit uns und auch mit seinem Kollegen in Kolotschawa zusammen. Die Unterkünfte in Hluboka waren schon organisiert, noch bevor wir den Weg in Richtung Ukraine angetreten haben.“

Flüchtlinge aus der Ukraine | Foto: Václav Šálek,  ČTK

Auf der Rückfahrt wurden mit den Ukrainerinnen auch schon praktische Fragen geklärt. Die meisten von ihnen wollen in Tschechien sofort eine Arbeit suchen. Auch dies wird Koordinatorin Plesarová ihren eigenen Worten nach mit Bürgermeister Jirsa besprechen. Die jüngsten Mitreisenden wiederum hätten die lange Busfahrt mit Spielen oder Trickfilmen auf Tablets verbracht, so Plesarová:

„Die Kinder bekommen das Ganze nicht so mit. Schlimmer sind die Mütter dran. Solange alles noch unter Druck und Stress ablief, war ihnen die Lage noch nicht so ganz bewusst. Aber langsam werden sie sich darüber klar. Bei der Ankunft sind einige der Frauen zusammengebrochen und hatten hysterische Anfälle. Das war schwer zu bewältigen.“

Flüchtlinge aus der Ukraine | Foto: Václav Šálek,  ČTK

Beim Zwischenstopp im ostmährischen Bystřice pod Hostýnem / Bistritz am Hostein wurden mehrere der Frauen und Kinder bereits von dort lebenden Familienangehörigen aufgenommen. Zahlreiche Tschechen bieten aber auch spontan private Unterkunftsmöglichkeiten an. Pavla Paseková zum Beispiel hat kurzerhand ihr Café in Jihlava / Iglau geschlossen und es in den sozialen Netzwerken als Notherberge inseriert. Eine Ukrainerin, die in der Stadt lebt, hat das Angebot dann für Bekannte aus ihrer Heimatstadt angenommen. Am Sonntagnachmittag legten Paseková und einige Helfer den Gastraum mit Matratzen aus:

„Soweit wir wissen, kommen drei Mütter und sechs Kinder her. Die Absprache ist aber kompliziert und die Kommunikation dauert lange. Jetzt warten wir, weil sich die Ankunftszeit dauernd verschiebt. Es ist gut möglich, dass die Betreffenden auf dem Weg doch noch woanders untergebracht werden.“

Flüchtlinge aus der Ukraine | Foto: Václav Šálek,  ČTK

Paseková versteht ihr Angebot als Transitasyl für die Dauer von ein paar Tagen. Währenddessen wolle sie den Frauen bei der Kommunikation mit den Ämtern und der Wohnungssuche helfen, sagt sie. Und, dass es keine schwere Entscheidung gewesen sei, den Cafébetrieb für eine gewisse Zeit einzustellen:

„Es gibt ganz einfach eine Zeit, um Umsatz zu machen, und eine Zeit, in der dies zurückgestellt werden muss. Dieser Moment ist jetzt gekommen. Ich könnte jetzt nicht in Ruhe mein Geschäft weiterführen, während ich weiß, dass ich doch helfen könnte.“

Flüchtlinge aus der Ukraine | Foto: Petr Sznapka,  ČTK

Auch Bekannte und Cafégäste bringen sich ein, indem sie etwa Matratzen und Bettbezüge vorbeibringen. Wenn der ersten kleinen Flüchtlingsgruppe geholfen worden sei, wolle sie die Unterkunftsmöglichkeit gleich wieder ins Netz stellen, so Paseková:

„Sobald ein Platz frei wird, bieten wir ihn wieder für weitere Menschen an. Wir gewähren diese Hilfe, solange es nötig sein wird.“

Autoren: Daniela Honigmann , Ľubomír Smatana , Daniela Brychtová
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