Zusammen in die Zukunft – Selb und Aš eröffnen Kulturweg

Foto: Maria Hammerich-Maier

Die Menschen aus Aš / Asch und Selb rücken näher zusammen. Zehn Kunstwerke entlang einer Route aus der einen in die andere Stadt sollen ihnen symbolisch den Weg in die gemeinsame Zukunft weisen. Die Stahlplastiken und Fassadengemälde wurden von je fünf tschechischen und fünf deutschen Künstlern geschaffen. Initiator des Projektes war der Selber Galerist Hans-Joachim Goller. Nach sechs Monaten schöpferischer Arbeit wurde der kulturelle Themenweg „Die Tour“ zwischen Aš und Selb nun feierlich eingeweiht.

Foto: Maria Hammerich-Maier
Der Festakt beginnt am Masaryk-Platz mitten in Aš. Dort steht das erste Kunstwerk des kulturellen Themenweges „Die Tour“, eine Stahlskulptur auf dem Grundriss eines Rhönrades von Waldemar Scheck. Aus München ist die bayerische Staatsministerin für Arbeit und Soziales, Emilia Müller (CSU), angereist.

„Ich darf sagen, meine Damen und Herren, ich freue mich, dass ich heute dabei sein darf, stellvertretend für Ministerpräsident Horst Seehofer, der die Schirmherrschaft über dieses sehr gute Projekt übernommen hat. Ein wunderbares Projekt wie dieses zwischen Selb und Aš hat Signalwirkung für die gute Zusammenarbeit zwischen Ost und West. Und wenn die Künstler den Kreis zum Motto gewählt haben, da hat das schon eine bestimmte Bedeutung. Kreise haben etwas Vollständiges. Räder haben etwas Dynamisches. Als die Räder erfunden wurden, ging es aufwärts in der Gesellschaft, und es hat sich etwas bewegt. Auch für diese Region, für die Kulturschaffenden und die Menschen wünsche ich mir, dass sich immer etwas bewegt.“

Emilia Müller,  Dalibor Blažek und Hans-Joachim Goller  (Foto: Maria Hammerich-Maier)
Bürgermeister Dalibor Blažek aus Aš weist besonders auf die breite Beteiligung an dem Projekt hin:

„Wir schätzen es ganz besonders, dass diese Projektidee von einem Kunstverein kam und also nicht nur von den Rathäusern ausgegangen ist. Die Einwohner von Aš begrüßen diese Kooperation sehr, denn unsere Städte wachsen gegenwärtig immer enger zusammen.“

Für die Umrahmung des Festakts sorgen Schüler der Musikschulen Aš und Selb sowie die Ascher Gruppe KreisKruh mit einer temperamentvollen Tanzperformance, bei der die Kinder und Jugendlichen die neue Stahlskulptur kreativ mit einbeziehen.

Luther an der Fassade

Gemälde mit Martin Luther  (Foto: Maria Hammerich-Maier)
Bis zur nächsten Station des kulturellen Themenweges sind es nur wenige Minuten zu Fuß. Am Gebäude der Stadtbücherei Aš sind zwei Fassaden bemalt. Das Gemälde von Johannes Listewnik evoziert historische Schlüsselmomente der Städte Selb und Aš. Der Prager Künstler Michael Nosek hat seine Fassade mit einer schwebenden Gestalt Luthers bemalt.

„Da ich aus einer protestantischen Familie komme, habe ich mich entschlossen, Martin Luther darzustellen. Auf meinem Gemälde lehrt Luther die drei Äschen aus dem Stadtwappen von Aš den protestantischen Glauben. Und er soll wirken wie aus Porzellan, denn das ist typisch für Selb.“

Die Gemälde sind unter der künstlerischen Leitung von Jan Samec entstanden, dem Direktor der Kunstgalerie in Karlovy Vary / Karlsbad. Das Bildhauerteam ist von Professor Helmuth Hahn von der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg beraten worden.

Von der Stadtbücherei setzt sich der Festzug in Richtung Staatsgrenze in Bewegung. An einer Kreuzung, noch auf tschechischem Gebiet, steht gut sichtbar die Stahlskulptur von Kryštof Kaplan. Unmittelbar nach dem Grenzübergang ragt das Rhönrad von Markus Pollinger auf. Die Projektidee habe ihn sehr beeindruckt, erzählt der Künstler aus dem Tölzer Land:

Skulptur von Markus Pollinger  (Foto: Maria Hammerich-Maier)
„Miteinander leben, wachsen und teilen, das bringt viel mehr, als alleine zu sein.“

Die Skulptur von Markus Pollinger wurde von den Lionsclubs Marktredwitz und Mariánské Lázně / Marienbad gesponsert und damit gleichsam adoptiert. Der Lionsclub ist einer der vielen privaten Förderer des Projektes. Der Löwenanteil der Kosten wurde aus EU-Fonds und der Oberfranken-Stiftung gedeckt.

Die Tour führt weiter nach Selb. Dort stammen die Skulpturen von Šimon Cibulka, Philipp Eyrich und Petra Křivová. Die Fassadengemälde in der Großen Kreisstadt haben Beata Kuruczová und Josefin Heitz gestaltet. Von einer Tribüne am Hallenbad ertönen beschwingte Takte der Big Bang Brass Selb. Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch blickt in seinem Grußwort nach vorne:

„Ein herzliches Willkommen hier in Selb, ein herzliches Dobrý den an unsere Freunde aus Aš. Glauben Sie mir, als Oberbürgermeister schlägt mein Herz heute höher, denn es gelingt hier eine Zusammenarbeit zwischen Künstlern, die sich austauschen, und das ist wahrlich nicht selbstverständlich. Wir alle haben schwierige Zeiten in Erinnerung. Diese schwierigen Zeiten sind vorbei, wir sind auf einem guten Weg, uns neu zu definieren. Im Rahmen dieser neuen Definition wird das Thema Design eine herausragende Rolle spielen, da findet man nämlich das Porzellan wieder. Und zum Design und der Designstadt Selb passt dieses Projekt wunderbar.“

Gruppe Schumák  (Foto: Maria Hammerich-Maier)
Die Ascher Dudelsack-Gruppe Schumák bietet Kostproben tschechischer Folklore. Mit drahtlosen Kopfhörern können die Besucher unterdessen die Komposition „Urban Audio“ des Nürnberger Klangkünstlers Florian Tuercke anhören. Er hat die Geräuschkulisse von Asch und Selb in Musik verwandelt.

Musik aus den Geräuschen beider Städte

Niemand erhält an diesem Tag so viel Lob und Anerkennung wie Projektleiter Hans-Joachim Goller. Der Selber Galerist erklärt die Intentionen, die er mit dem kulturellen Themenweg verbindet:

„Sehr geehrte Damen und Herren, Sie haben es bemerkt, es ist die Wiedererweckung des Miteinanders der Einwohner von Selb und Aš, das Menschliche, das Humane, das wir ansteuern. Die Kunstwerke sollen helfen, die Bürgerinnen und Bürger von Aš und Selb einander näherzubringen, sie aufeinander neugierig zu machen, Lust auf gegenseitige Kontakte zu wecken.“

Foto: Maria Hammerich-Maier
Als Fernziel schwebt Goller eine Europastadt Selb-Aš vor.

„Man muss versuchen, den Wachstumsprozess zu begleiten und ihm eine Richtung zu geben. Dieses Miteinander, dass man die Arbeitsplätze grenzüberschreitend nutzt, dass Kinder aus Aš in Selb in die Schule gehen und umgekehrt, das alles ist denkbar. Auch dass man sich gegenseitig in den Vereinen unterstützt. Warum sollen nicht Bürger aus Aš in Vereinen in Selb Mitglied sein und Selber in Aš? Wir haben im Kunstverein Hochfranken Selb schon einige Mitglieder aus Aš aber es können noch mehr werden.“

2013 haben die Städte Aš und Selb einen gemeinsamen strategischen Plan beschlossen. Für 2023 ist eine grenzüberschreitende Sondergartenschau geplant. Allmählich schlagen die Bemühungen um mehr Gemeinsamkeit bei den Menschen Wurzeln.

Nicht nur rüberfahren und Kaffee kaufen

Werk von Josefin Heitz  (Foto: Maria Hammerich-Maier)
Die Menschen in Selb sind den Ideen gegenüber sehr aufgeschlossen. Auch jene, die an dem Eröffnungstag des Kulturwegs eher das Hallenbad Selb vorziehen. So sagt ein Mann:

„Ich habe heute in der Zeitung von den Metallskulpturen gelesen und Bilder gesehen. Aber mehr Informationen habe ich nicht.“

Interessieren ihn solche grenzüberschreitenden Projekte überhaupt?

„Grundsätzlich schon. Denn zusammenzukommen, sich einander anzunähern und sich besser kennenzulernen – da hat jeder etwas davon.“

Auch eine Passantin hält das Bemühen um eine Zusammenarbeit mit Aš für lobenswert:

„Selbstverständlich ist es wichtig, dass man nicht bloß hinüberfährt und sich einen Kaffee kauft, und das war´s gewesen. Die Idee des Kulturweges über Erkersreuth nach Aš finde ich super. Denn zu sagen: das ist mein Kreis, etwas anderes interessiert mich nicht, so zu denken, ist immer schlecht.“

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Damit auch die Jüngsten einander näherkommen, findet im Rahmen des Projektes noch ein Kinderworkshop unter dem ausdrucksvollen Motto „WirMy“ statt. Geleitet wird er von Heike Arndt:

„Es ist ein Ausblick in die Zukunft. Die ganz jungen Europäer haben ganz eigene Ideen für die Zukunft der Welt, die Zukunft Europas und die Zukunft ihrer Stadt. Die Kinder aus Selb und Aš sollen uns sagen, wie sie sich die Entwicklung ihrer Stadt wünschen und in welcher Stadt sie gerne leben möchten.“

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