Christen und Politik: eine tschechisch-deutsche Konferenz

Pavel Jajtner (links) an der Konferenz

Wie ist es um die Beziehung zwischen Staat und Kirche bestellt? Sollen und wollen sich Christen in der Politik engagieren? Dies sind nur einige der Fragen, die sich die Teilnehmer einer tschechisch-deutschen Konferenz in Prag gestellt haben. Die dreitägige Tagung wurde von der Vereinigung „Sdružení Ackermann-Gemeinde“, einer christlich orientierten Organisation in Tschechien, veranstaltet.

Pavel Jajtner  (links) an der Konferenz
Das Motto der dreitägigen Konferenz lautete: „Die Religion und die staatliche Macht im tschechisch-deutschen Vergleich“. Unter den Teilnehmern waren Theologen, Journalisten und auch Politiker aus Tschechien und aus Deutschland. Sie machten auf die unterschiedliche Stellung der Kirchen in beiden Ländern aufmerksam. In Tschechien beispielsweise haben die Kirchen bisher nicht das Eigentum zurückbekommen, das während der Zeit des Kommunismus beschlagnahmt wurde. Ein Vertrag zwischen Tschechien und dem Vatikan ist auch noch nicht ratifiziert. Es fehlt die Zustimmung des Parlaments. Einige Trends in Politik und Gesellschaft sind in den beiden Ländern jedoch sehr ähnlich. Dazu gehören beispielsweise die Atomisierung der Gesellschaft oder das Misstrauen, dass die Bürger gegenüber Politikern sowie den Kirchen als Organisation haben. Der Diplomat Pavel Jajtner meint, es sei nicht einfach, das Vertrauen gegenüber den Politikern auch unter den Gläubigen zu stärken.

„Wir leben seit 20 Jahren in einem System, das sich als demokratisch deklariert. Aber wir wissen, dass die Demokratie nicht existieren kann ohne bestimmte Werte, die dieses System selbst nicht bilden kann. Ich bin davon überzeugt, dass die christlichen Werte gepflegt werden sollen. Ich sage immer, was für die Gläubigen gut ist, ist auch für den Staat gut.“

Johannes Röser  (rechts) an der Konferenz
Können aber die Christen in der Politik auch Kompromisse eingehen? Johannes Röser ist Chefredakteur der Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“. Er meint:

„Auch Christen müssen kompromissbereit sein. Das heißt aber nicht, dass man alles machen kann und soll. Aber jeder muss abwägen, weil er in jeder Partei etwas findet, was ihm zusagt und was ihm weniger zusagt. Ich bin ganz entschieden dafür, dass Christen, auch wenn sie ein kleineres Übel wählen, auf jeden Fall wählen und auf jeden Fall entscheiden. Dies ist das A und O von Demokratie und von Christ sein.“

Wie auf der Konferenz festgestellt wurde, ist das Misstrauen in der Gesellschaft allgegenwärtig. Nicht nur die Bürger misstrauen den Politikern, sondern ein Teil der Politiker – egal zu welchem Lager sie gehören – traut wiederum den Kirchen nicht. Diese Politiker hielten die Kirchen für eine Macht, die sie gefährden könnte, sagt der Prager Weihbischof Václav Malý:

Bischof Václav Malý zelebriert Messe zum Abschluss der Konferenz
„Sie sehen die Kirchen nicht als eine freiwillige Gemeinschaft der Gläubigen, die das Evangelium verkünden und das karitative Engagement vertiefen wollen. Die tschechische katholische Kirche strebt nicht nach der Macht, sondern will Evangelium verkünden und dienen. Sie will zur Bildung der Bevölkerung beitragen. Das sind ihre Hauptaufgaben.“

Weitere Themen der Konferenz waren die Finanzierung der Kirchen in Tschechien oder die Rolle der Kirche im öffentlichen Raum. Bereits beim Ökumenischen Kirchentag, der im Mai in München stattfindet, wird es eine weitere Begegnung der deutschen und tschechischen Gläubigen und Kirchenvertreter geben.

Fotos: Autorin