Funkhaus in der Vinohradská-Straße

Funkhaus in der Vinohradská-Straße

Der Tschechische Rundfunk begeht in diesen Tagen ein rundes Jubiläum - am Sonntag - dem 18. Mai wird er den Beginn der regelmäßigen Rundfunksendungen in den böhmischen Ländern feiern, der sich zum 80. Mal jährt. Anlässlich dieses Jahrestags laden Sie Martina Schneibergová und Katrin Sliva im folgenden Spaziergang durch Prag in das Prager Funkhaus ein.

Das Gebäude des Tschechischen Rundfunks, das sich im Prager Stadtteil Vinohrady befindet, ist dank den Fotos aus dem August 1968 auch im Ausland bekannt geworden. Damals wurde das Prager Funkhaus bereits zum zweitenmal in der Geschichte zum Schauplatz harter Kämpfe der Prager mit den Okkupanten. An die Opfer der Kämpfe um das Rundfunkgebäude vom Mai 1945 und vom August 1968 erinnern die Gedenktafeln am Eingang zum Prager Funkhaus.

Wie bereits erwähnt, feiert der Tschechische Rundfunk in diesen Tagen sein 80. Jubiläum. Das Gebäude in der Vinohradská 12 ist jedoch um zehn Jahre jünger. Über die Geschichte des Funkhauses erzählte Jaromír Studený von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit des Tschechischen Rundfunks:

"Das historische Gebäude in der Vinohradská-Straße wurde im Dezember 1933 in Betrieb genommen - das war 10,5 Jahre nach dem Beginn der regelmäßigen Rundfunksendungen. Das Gebäude wurde nach einem Entwurf des Architekten Bohumil Sláma im funktionalistischen Stil erbaut. Bei späteren, oft wenig passenden baulichen Veränderungen wurde der funktionalistische Stil nicht mehr beibehalten."

Zur Zeit werden im alten Funkhaus Renovierungsarbeiten durchgeführt. Dabei wird darauf geachtet, dass die ursprünglichen funktionalistischen Elemente des Gebäudes erneuert werden. Am Anfang diente das Haus jedoch nicht nur für Rundfunkzwecke, wie Jaromír Studený betont:

"Im Jahre 1933 hatte neben der Gesellschaft Radiojournal - also dem ersten Radiosender in den böhmischen Ländern - auch das Direktorium der Post und der Telegrafenanlagen in dem Gebäude seinen Sitz. Dieses hatte die Errichtung des Hauses finanziert. Außerdem war hier im Gebäude das damalige Post- und Telegrafenamt für Prag 34 - d. h. ungefähr den Stadtteil Vinohrady untergebracht."

Eine technische Rarität stellt im alten Rundfunkgebäude der Paternoster-Aufzug dar, der obwohl er langsam und relativ sicher ist, älteren Menschen doch Probleme macht. Nach dem EU-Beitritt der Tschechischen Republik wird es offensichtlich notwendig werden, diese historische technische Errungenschaft durch moderne Aufzüge zu ersetzen, die den EU-Normen entsprechen.

Vor drei Jahren wurde ein neues Funkhaus in Betrieb genommen, das direkt hinter dem alten Rundfunkgebäude in der Rímská-Straße erbaut wurde und das man auch von dem alten Gebäude aus betreten kann. Denn die beiden Gebäude sind an einigen Stellen miteinander verbunden. Jaromír Studený dazu:

"Man war bemüht die Sendungen aus dem historischen Gebäude, alle auf einmal in das neue Funkhaus zu verlagern. Das ist aber nicht gelungen. Im Jahre 2000 begannen vier voneinander unabhängige Programmsender aus dem neuen Studiohaus zu senden. Die neuen Studios entsprechen natürlich mehr den gegenwärtigen technischen Ansprüchen. Der Bauherr achtete beim Bau des Hauses darauf, dass das Objekt für Rundfunksendungen bestimmt sein wird. Dies kann man an einer ganzen Reihe von technischen Besonderheiten sehen. Das Gebäude, unter dem Züge und U-Bahnzüge fahren, ist z. B. dadurch interessant, dass es auf einem speziellen System von Federisolatoren erbaut wurde. Man kann es beispielsweise mit einem Auto vergleichen. Die Vibration wird nicht auf das Gebäude übertragen. Die Geräte, mit denen die Studios ausgestattet sind, sind sehr sensibel und die Vibration hätte sich sonst auf die technische Qualität der Sendungen auswirken können."

Besucher, die sich das Prager Funkhaus anschauen wollen, werden zur Zeit nicht mehr durch das alte Gebäude geführt. Die Führung beginnt am Eingang in das neue Gebäude in der Rímská-Straße, sagt Jaromír Studený.

"Neben den Räumlichkeiten, aus denen 6 voneinander unabhängige Rundfunkprogramme gesendet werden können, gibt es hier eine ganze Reihe von Büroräumen. Im Untergeschoss werden die Archive aufbewahrt. Dort muss eine stabile Temperatur und Luftfeuchtigkeit eingehalten werden, da es dort viele historische Materialien gibt, die auf Temperatur- oder Luftfeuchtigkeitsschwankungen negativ reagieren. Diese Räumlichkeiten sind mit einem speziellen Löschsystem ausgestattet. Zum Glück musste es in der Praxis noch nicht ausprobiert werden."

Manchmal fragen die Rundfunkbesucher danach, was passiert, wenn es plötzlich zum Stromausfall kommt. Der ununterbrochene Betrieb wird durch sogenannte "Reserve-Stromquellen" ermöglicht.

Führungen durch den Rundfunk werden vor allem von Schulen bestellt. Es kommen aber auch ausländische Gruppen, die sich für das Rundfunkgebäude interessieren.

"Eine offizielle Gelegenheit, den Rundfunk zu besichtigen, gibt es jedes Jahr im Rahmen des "Tags der offenen Tür". Im vergangenen Jahr wurde er im November veranstaltet, dieses Jahr wird er Ende September, bzw. Anfang Oktober organisiert. Ursprünglich wollte man den Tag der offenen Tür schon im Juni organisieren, da in diesen Wochen jedoch viele Veranstaltungen anlässlich des 80. Jahrestags der Rundfunksendungen stattfinden, wurde der Tag der offenen Tür verschoben. Im vergangenen Jahr standen den Besuchern des Funkhauses 14 Führer zur Verfügung, die die Interessenten in zehnminütigen Abständen durch den Rundfunk führten."

Jaromír Studený ist einer von den Rundfunkmitarbeitern, der die Besuchergruppen durch das Gebäude führt. Eine solche Rundfunkbesichtigung sieht am Tag der offenen Tür ungefähr wie folgt aus:

"Zu Beginn werden die Gruppen im neuen Funkhaus in der Rímská mit den wichtigsten Fakten bekannt gemacht, dann werden sie in das sogenannte Atrium geführt. Dort können sie sich eine Vorstellung von der Struktur des Studiohauses machen. Wir führen sie danach in einen Regieraum. Die Techniker erläutern ihnen eventuell Details über die Sendetechnik. Danach steht eine Stippvisite bei dem Sender Radiojournal an sowie die Besichtigung der Studios von Radio Prag. Im historischen Gebäude kann man noch den Mitarbeitern der Sender "Vltava" und "Praha" bei den Programmvorbereitungen zusehen, da ihnen dort noch einige Räumlichkeiten zur Verfügung stehen."

Im vergangenen Jahr nahmen am Tag der offenen Tür insgesamt etwa 2000 Menschen an den Führungen durch das Funkhaus teil. Die ersten kamen vor 8 Uhr in der früh, die letzten Gruppen um 18 Uhr. Die Führung dauerte 40 bis 60 Minuten. Eine Führung durch den Rundfunk kann man jedoch nicht nur an dem erwähnten Tag der offenen Tür mitmachen. Die meisten Interessenten melden sich gewöhnlich am Ende Schuljahrs dafür an, sagt Jaromír Studený.

"Es kommen Schulklassen aus der ganzen Republik zu uns. Oft unternehmen sie einen Ausflug nach Prag, den sie mit einem Besuch im Rundfunk verbinden. Genaue Besucherzahlen kenne ich nicht, aber etwa 100 Führungen jährlich machen wir schon."

Falls jemand von den Hörern eine Führung durch das Rundfunkgebäude bestellen möchte, kann er sich an die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit wenden Die Telefonnummer ist: 00 420/221 551 330, bzw. 00 420/221 551 332. Die Exkursion kostet 100 Kronen pro Person (umgerechnet ca. 3 Euro).

Jaromír Studený und seine Mitarbeiter erleben jetzt eine recht hektische Woche. Am 14. Mai wurde eine Ausstellung zum 80. Jubiläum des Tschechischen Rundfunks im Prager Nationalmuseum eröffnet. Am 17. und 18. Mai wird in Prag-Kbely das sogenannte "Wochenende mit dem Tschechischen Rundfunk" organisiert. Am Sonntag wird an der Stelle, wo am 18. Mai 1923 die ersten Rundfunksendungen über den Äther gingen, an diesen Augenblick erinnert. Das authentische Milieu wird durch eine Kopie des Zelts vorgestellt, aus dem damals vor 80 Jahren die Gesellschaft Radiojournal gesendet hat.