Neues Buch über sudetendeutsche Katholiken

Sudetendeutsche Katholiken als Opfer des Nationalsozialismus

Sie sind fast vergessen, aber ihr Schicksal zeugt von einem bewundernswerten Mut, mit dem sie sich gegen den deutschen Nationalsozialismus gestellt hatten. Die Rede ist von deutschen bzw. sudetendeutschen katholischen Priestern sowie katholischen Laien, die vor dem Krieg in der Tschechoslowakei geboren wurden. Die Hussitische Theologische Fakultät der Prager Karlsuniversität gab vor kurzem die tschechische Übersetzung des Buches "Sudetendeutsche Katholiken als Opfer des Nationalsozialismus" des Historikers Rudolf Grulich heraus, in dem darauf hingewiesen wird, dass die mutige Haltung dieser Geistlichen zu Unrecht wenig beachtet wird. Martina Schneibergová nahm an der Präsentation des Buches teil und fragte Professor Grulich danach, in wie weit die in seinem Buch beschriebenen Schicksale bekannt sind:

"Wenn sie bekannt sind, dann in bestehenden Ordensgemeinschaften - so z. B. Pater Unzeitig, der als Engel von Dachau starb. Durch den Seligsprechungsprozess kennen ihn viele, aber er wird nicht als Sudetendeutscher wahrgenommen, sondern als Missionar."

Wie haben Sie diese Auswahl von Priestern und Laien zusammengestellt, haben Sie ihr Schicksal schon gekannt oder suchten Sie in Archiven nach dem Material?

"Von einigen wusste ich, ich habe dann weiter geforscht und es ist ein bescheidenes Taschenbuch daraus geworden. Ich wollte zunächst einmal einen Anfang machen, ich wollte einige Persönlichkeiten, über die mehr Material vorhanden ist, ausführlicher darstellen, andere wenigstens kurz nennen - in der Hoffnung, dass man weiteres Material sucht und findet. Deshalb bin ich froh, dass der Priester Dr. Emil Valásek eine Dokumentation erstellt hat, in der im Lexikonstil über 600 Namen aufgeführt sind und wichtige Lebensdaten und die Art und Weise dokumentiert sind, wie die Verfolgung vom Verhör, Beschlagnahme des Eigentums, über das Verbot des Religionsunterrichtes, Vertreibung aus dem damals so genannten Sudetengau bis hin zum Konzentrationslager und leider auch in Dutzenden von Fällen bis zum Tod verlief."

Man weiß, dass ein Teil der Priester damals am Anfang vom deutschen Nationalismus mehr oder weniger begeistert war. Kann man sagen, dass jedoch bald eine Ernüchterung kam?

Rudolf Grulich
"Die Ernüchterung kam schon 1939 - etwa durch die Verstaatlichung und Beschlagnahme der katholischen Schulen. Es sind zum ersten Mal in der Geschichte manche Klöster von den Deutschen liquidiert worden - z. B. das Stift Hohenfurth - auch deutsche Schulen und anderes mehr. Man sah da natürlich auch, dass es sich beim Nationalsozialismus um eine antideutsche Verbrecherbande gehandelt hat, die vorgab, deutsch zu sein. Das hat übrigens auch Oskar Schindler gesagt. Oskar Schindler wurde 1957 gefragt, warum er das getan habe, und er sagte (ich kann es ungefähr wörtlich zitieren): ´Ich habe erst in Krakau bei dem Leid der Juden, das ich sah, gesehen, wie schön das im Sudetenland in Zwittau war, wo Tschechen, Juden und Deutsche in der gleichen Klasse, auf der gleichen Schulbank gesessen haben, und ich habe erst in Krakau erlebt und gesehen, welche Verlogenheit hinter diesen braunen Verbrechern war. Sie gaben vor, uns zu befreien, aber haben das Sudetenland wie eine Kolonie ausgebeutet...´ Das sind Originalworte von Oskar Schindler."

Mehr über das Buch werden wir in einer der nächsten Ausgaben der Sendereihe "Begegnungen" bringen.