Drogen, Schikane und Schulschwänzerei - so lassen sich die drei größten Plagen der tschechischen Schule von heute kurz und bündig aufzählen. Der Letztgenannten sagt man zwar nach, sie sei so alt wie die Schulen selbst. Fest steht allerdings, dass die Zahl der Schulverweigerer erst mit dem gesellschaftspolitischen Umbruch nach dem Wendejahr 1989 sprunghaft gestiegen ist. Mehr dazu im folgenden Beitrag von Jitka Mladkova:
Viele Eltern, egal wie gebildet oder begütert, nehmen es mit der Schulpflicht ihrer Sprösslinge nicht mehr so genau oder haben aufgrund der eigenen Berufstätigkeit keine Kontrolle über deren Schulbesuch. Vor etwa zwei Jahren hat das Schulministerium den Schulschwänzern den Kampf angesagt und den Schulen zusätzliche Verantwortungsarbeit mit einem neuen methodischen Regelwerk aufgebürdet. Die Schule sollte sich nach wie vor auf die Zusammenarbeit mit den Eltern stützen. Seitdem aber gilt, dass die Eltern ihre Kinder anstatt eines - wie früher - gleich für drei Fehltageentschuldigen dürfen, was auf mehrheitlich negative Reaktionen bei den Lehrern stößt. Bei einer längeren Fehlzeit verlangt die Schule eine ärztliche Bescheinigung, doch viele Ärzte wehren sich, diese auszustellen. Sie hätten überfüllte Wartezimmer und würden für das Stempeln der Schüler-Atteste nicht bezahlt. Die erwähnte Verordnung des Ministeriums stieß in den Schulen insgesamt auf unterschiedliche Resonanz. Allgemein gilt in Tschechien, dass ein Schulleiter die von ihm eingesetzte Erziehungskommission einberufen muss, falls ein Schüler zehn unentschuldigte Unterrichtsstunden auf seinem Fehlkonto verbucht. Übersteigt die Fehlzeit 25 Unterrichtsstunden, ist er verpflichtet unverzüglich das zuständige Kinder- und Jugendamt zu benachrichtigen. Wenn auch hier keine Lösung gefunden wird, kann es den nachlässigen Erziehungsberechtigten, die nicht selten das Fernbleiben ihrer bildungsunwilligen Kinder decken, auch ans Portemonnaie gehen. Dies kennt man z.B. auch in der Schule Taborska. Mehr als auf die repressiven setzt man hier jedoch auf die vertrauensbildenden Maßnahmen und eine intensive Zusammenarbeit mit Schülern und ihren Eltern. Allen Beteiligten steht hier seit 1994 ein Schulpsychologe anderthalb Tage pro Woche für Gespräche zur Verfügung, was hierzulande unüblich ist. Involviert sind jedoch fast alle Lehrer. Der Schulleiter Vit Beran sagt dazu:
"Seit bereits einigen Jahren werden bei uns jeweils am Freitag die ersten Unterrichtstunden als so genannte Kommunikationsstunden abgehalten. Diese sind vor allem für die höheren Klassen wichtig, in denen die einzelnen Fachlehrer nur ein paar Mal in der Woche unterrichten. Mit den erwähnten Spezialstunden wird ein relativ großer Spielraum für die Klassenlehrer geschaffen. Diese sollen sich nicht als Beamte betätigen, indem sie lediglich die Klassenbücher führen. Sie sollen echte Klassenlehrer sein, die Mutter und der Vater der Klasse, zu der oder dem die Kinder Vertrauen haben."
Wenn es so funktioniert, sagt der Schulleiter Beran, dann ändert sich auch viel. Dann wissen die Lehrer viel über das Leben ihrer Schüler und können ihre Probleme rechtzeitig auffangen. Über 60 Prozent der Klassen hatten in diesem Schuljahr eine gemeinsame Kinder-Eltern-Aktion veranstaltet, einen Kinobesuch oder einen Ausflug, ergänzt der Schulleiter mit unüberhörbarer Genugtuung.