Arafat, PLO und Tschechoslowakei

Für die einen ein Held, für die anderen ein Terrorist. Die Rede ist vom PLO-Chef Jasir Arafat, dessen Tod offiziell in den frühen Morgenstunden verkündet wurde. Nun streiten sich die Geister schon lange über die Bedeutung dieses kontroversen Mannes, doch erst die Zeit wird wohl zeigen, mit welchem Attribut er in die Geschichte eingeht. Weniger bekannt ist, dass Arafat stellvertretend für die PLO vor 1989 eine wirksame Unterstützung seitens der damaligen Tschechoslowakei erfahren hat. Mehr erfahren Sie von Jitka Mladkova:

Jasir Arafat und Bill Clinton
Jasir Arafat, der Mann mit dem charakteristischen schwarz-weißen Kopftuch und der Uniform, war insgesamt zehn Mal zu Gast in der kommunistischen Tschechoslowakei. Hier fand er sowohl die politische und als auch die finanzielle Unterstützung. Nur wenige wussten bis vor kurzem, dass Arafats "Logo", nämlich die erwähnte Kopfbedeckung, eben in der tschechoslowakischen Hauptstadt Prag seinen Anfang hatte. 1956 nahm der PLO-Chef an einem Treffen des Internationalen Studentenverbandes mit Sitz in Prag teil und setzte sich hier, wie die Verfasser seines Curriculum vitae Andrew Gowers und Tony Walker behaupten, das arabische Kopftuch, damals aber noch schneeweiß, zum allerersten Mal auf. Ein Jahr später folgten ihm auch schon seine Genossen. Zum letzten Mal besuchte Jasir Arafat die Tschechoslowakei im Oktober 1989. Für die Partei- und Staatsführung fand er in einem Interview für das kommunistische Presseorgan Rude pravo nur Lobworte, Zitat:

"Ich muss die prinzipielle Einstellung der Tschechoslowakei, ihres Volkes und der Staatsführung zu der Palästinenserfrage hervorheben. Wir fühlen uns verbunden für eure Unterstützung der gerechten Sache des palästinensischen Volkes. Es wird nicht umsonst gesagt, erst in der Not erkennt man den Freund. Und den haben wir in der Tschechoslowakei gefunden."

Jasir Arafat
Jasir Arafat besuchte die Tschechoslowakei im April 1990. Der Besuch erfolgte auf Einladung von Präsident Vaclav Havel und rief auch negative Reaktionen in der tschechischen Politischen Landschaft hervor. Diese gab es aber auch wesentlich später zu verzeichnen. Großes Aufsehen hat z.B. der frühere Premier Milos Zeman im Frühjahr 2002 ausgelöst, als er sagte, die Palästinenser hätten kein Recht auf einen unabhängigen Staat so lange sie ihre terroristischen Aktionen gegen Israel nicht eingestellt haben, genauso, wie 1938 die Sudetendeutschen kein Recht auf den Anschluss an Deutschland gehabt hätten. Um eine kurze Einschätzung des Verhältnisses der kommunistischen CSSR zu der palästinensischen Frage baten wir Dr. Petr Drulak, Direktor des Instituts für internationale Beziehungen in Prag:

"Die Unterstützung beruhte darauf, dass die damalige Tschechoslowakei die Bewegung der Palästinenser als Bestandteil ihres Befreiungskampfes wahrgenommen und qualifiziert hat, und insofern auch als Bestandteil eines revolutionären Prozesses."

Den aktuellen Stand der Dinge sieht Petr Drulak folgendermaßen:

" Nach 1989 war die Tschechoslowakei und anschließend die Tschechische Republik um eine mehr ausgewogene Position in Fragen der Nahostprobleme. Es wurden diplomatische Beziehungen zu Israel aufgenommen, doch auf der anderen Seite wollen wir nicht auf die Kontakte zur PLO verzichten. In dieser Hinsicht, denke ich, unterscheidet sich die Tschechische Republik nicht von der Mehrheit der europäischen Staaten."