Hillary Clinton in Prag: Einsatz für Westinghouse als Temelín-Bauherr
Hillary Clinton befindet sich auf Abschiedstour durch Europa: Am Montag stand ein Besuch in Prag auf dem Zettel der scheidenden US-Außenministerin. In den Gesprächen mit tschechischen Politikern ging es neben den großen sicherheitspolitischen Themen vor allem um den Ausbau des tschechischen Atomkraftwerks Temelín.
„Wir haben immer sehr offen miteinander gesprochen und keine Geheimnisse gemacht oder Spielchen betrieben. Das war die Grundlage für die gute Zusammenarbeit. Ich wage sogar zu behaupten: Es war die Grundlage einer Freundschaft – aber das muss eigentlich immer die Dame dem Herren sagen…“
Hillary Clinton sprach darauf Schwarzenberg mit „My friend“ an. Die US-Außenministerin zählte die vielen Felder der Zusammenarbeit auf: vom Einsatz für Menschenrechte, über das Engagement in Afghanistan, bis hin zum internationalen Ausbildungszentrum für Hubschrauberpiloten, das bei Pardubice entstehen soll. Erst zum Schluss nannte Clinton aber jenes Thema, das laut tschechischen Kommentatoren das zentrale gewesen sein dürfte: der Ausbau des tschechischen Atomkraftwerks Temelín und die Auswahl des Investors. Um das nach Schätzungen sechs bis zwölf Milliarden Euro teure Projekt bewirbt sich auch die japanisch-amerikanische Firma Westinghouse. Clinton gab unumwunden zu:„Die Obama-Administration scheut sich nicht, beim Temelín-Ausbau die Sache für Westinghouse voranzutreiben. Denn wir glauben, dass die Firma für das Projekt die beste Technologie und die größte Sicherheit anbietet. Es würde deutlich die tschechische Energiesicherheit erhöhen und die Zusammenarbeit unserer beiden Länder im Bereich Atomkraft verstärken. Zudem würde es neue Arbeitsplätze für Tschechen und Amerikaner schaffen.“Worauf Clinton hinauswollte, war klar ersichtlich: Der einzige offizielle Mitbewerber um den Temelín-Ausbau ist das russisch-tschechische Konsortium „Mir 1200“. Ginge der Zuschlag an die kremlnahen Unternehmer, würde Tschechien nicht nur von russischem Gas und Öl abhängig, sondern auch noch von russischem Uran und russischen Atomtechnikern. „Mir 1200“ wirbt wiederum mit der starken Beteiligung tschechischer Firmen. Aber auch die französische Areva ist noch nicht ganz aus dem Rennen. Sie hat gegen ihren Ausschluss vom Bieterverfahren mittlerweile Einspruch erhoben.
Wie wichtig das Westinghouse-Engagement für die amerikanische Seite ist, zeigt ein weiterer Termin von Hillary Clinton während ihres nur elfstündigen Prag-Aufenthalts: ein Treffen sogar mit den Spitzen der Sozialdemokraten zu dem Thema. Auch den politischen Beobachtern in Washington dürfte nicht entgangen sein, dass die stärkste Oppositionskraft bei den tschechischen Wählern derzeit die Nase vorne hat. Allerdings will die derzeitige Regierung noch in dieser Legislaturperiode über den Investor zum Ausbau des Reaktors entscheiden. Angepeilt ist Ende kommenden Jahres.