Schloss Lužany: Zu Besuch bei Kunstmäzen Hlávka

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Die Gemeinde Lužany gehört zu den ältesten Dörfern in der Pilsner Region. Die erste schriftliche Erwähnung von Lužany stammt aus dem 12. Jahrhundert. Die Gemeinde liegt zwischen Pilsen und Klatovy / Klattau, einige Kilometer südlich von Přeštice entfernt, dem Geburtsort des namhaften tschechischen Architekten und Mäzens, Josef Hlávka. Der Kunstmäzen verbrachte viel Zeit in Lužany, das dortige Schloss ist dank Hlávka Ende des 19. Jahrhunderts zum Treffpunkt bekannter tschechischer Schriftsteller und Musiker geworden.

Schloss in Lužany
Das Schloss mit dem umliegenden Park ist schon von der Fernstraße, die durch Lužany führt, ein bisschen zu sehen. Anstelle des heutigen Schlosses stand im 13. Jahrhundert eine Holzfestung. 1583 wurde sie in ein Renaissanceschloss umgebaut. Dieses wurde Anfang des 18. Jahrhunderts noch einmal umgebaut, diesmal im Barockstil. Das Schloss wechselte oft den Besitzer. 1866 kaufte es Josef Hlávka für seine Mutter Anna und später wurde er selbst sein Besitzer. Hlávka war wegen seiner bis heute nicht völlig erklärten Krankheit elf Jahre lang auf den Rollstuhl angewiesen. Während der Krankheit verbrachte der Architekt mit seiner ersten Frau Marie im Schloss viel Zeit. Nach seiner Heilung und nach dem Tod seiner ersten Frau begann der Architekt Anfang der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts einen Umbau des Schlosses zu planen.

Marie Hlávková,  die erste Gattin von Josef Hlávka
Das Schloss liegt am linken Ufer des Flusses Úhlava und ist von drei Seiten von einer Parkanlage umgeben, die in einen Nutzgarten übergeht. Hlávka ließ zuerst einen Teil des ursprünglichen Renaissance- und Barockgebäudes abreißen. An dessen Stelle baute er einen zweistöckigen Neubau, der den Grundriss in Form eines Ypsilon hatte. Der Barockturm wurde in einen hohen sechsstöckigen Turm mit einer Uhr verwandelt. Der Wohnteil des Gebäudes wurde in der Art einer norditalienischen Villa entworfen. In der Mitte wurde ein großes Treppenhaus errichtet, das in die erste Etage führt. Dort befindet sich bis heute die ursprüngliche Wohnung von Hlávka. Im Erdgeschoss wurde nach der Wende von 1989 ein kleines Museum eingerichtet, das das Werk und Vermächtnis von Josef Hlávka dokumentiert.

1904 gründete Josef Hlávka in Lužany eine Stiftung, die er zu seinem universellen Erben machte. Aus dem Stiftungsfonds sollten erstens tschechische künstlerische Aktivitäten finanziert und zweitens hervorragende Studenten gefördert werden, die aus schwachen sozialen Verhältnissen stammen. Den Stiftungsfonds gibt es bis heute, er überlebte sogar die kommunistische Ära.

Anlässlich des 100. Todestags von Josef Hlávka trafen Mitarbeiter der Stiftung mit Vertretern tschechischer Hochschulen und der Region im Schloss zusammen, um des Mäzens zu gedenken. Ein Mitarbeiter der Stiftung, Milan Černý, zeigte den Interessenten bei dieser Gelegenheit das Schloss. Mit der Führung begann er in der Schlosskapelle. Diese wurde gemeinsam mit dem Umbau des Schlosses erbaut. Geweiht wurde sie der Jungfrau Maria, dem heiligen Wenzel und dem heiligen Antonius, sagt der Mitarbeiter der Stiftung:

„Die Kapelle wurde im ähnlichen Stil wie die Kapelle erbaut, die Hlávka im Rahmen des Areals der griechisch-katholischen Kirche in Czernowitz in der Bukowina erbaut hatte. Vor dem Eingang befindet sich eine Gedenktafel für Antonín Dvořák, der oft zu Besuch in Lužany war. Anlässlich der Weihe der Kapelle schrieb der Komponist hier die Messe D-dur, die auch Lužany-Messe genannt wird. Im rechten Schlossflügel befinden sich Gästezimmer, wo vor allem die Künstler untergebracht waren, die Lužany besuchten. Eines der Zimmer war immer für Antonín Dvořák reserviert. Oft weilte hier auch der Schriftsteller Julius Zeyer. Von den weiteren Künstlern, die Familie Hlávka oft besuchten, sind die Maler Vojtěch Hynais, Julius Mařák, Max Švabinský oder der Bildhauer Josef Václav Myslbek zu nennen. Aus dem Fenster des Gästezimmers kann man den einstigen Bauernhof sehen, der auch Hlávka gehörte. Von diesem Bauernhof wurden Milch und Gemüse in die hiesige Küche geliefert. Unten im Erdgeschoss kann man heutzutage ein kleines Museum besichtigen. Dieses wurde erst nach der Wende von 1989 errichtet. Zu sehen sind hier verschiedene Dokumente – wie beispielsweise die Gründungsurkunde der Akademie der Wissenschaften. Die Ausstellung dokumentiert das Leben und das Werk von Josef Hlávka. Es gibt hier unter anderem Bilder aus Czernowitz, aus dem Areal, das der Architekt für das dortige griechisch-katholische Bistum erbaute.“

Haben Sie selbst irgendwann Czernowitz und das von Hlávka erbaute Areal besucht?

„Ja, ich war dort vor etwa 20 Jahren – noch während des Kommunismus - und muss zugeben, dass die Reise damals wahrscheinlich das größte Abenteuer meines Lebens war. Aber es war höchst interessant, das alles zu sehen, “ sagt Milan Černý. Im weiteren Ausstellungsraum zeigt er den Besuchern die Porträts der Künstler und Politiker, die im Schloss einst zusammentrafen.

Aus dem kleinen Museum im Erdgeschoss des Schlosses geht es weiter in die erste Etage des Schlosses. Das Arbeitszimmer von Josef Hlávka sieht immer noch so aus, als ob der Architekt erst vor einer Weile die Baupläne studiert hätte, die auf seinem Tisch liegen, sagt Milan Černý:

“Hier hat Hlávka gearbeitet, die Möbel hat er selbst entworfen. Dies sind alles Originalgegenstände. Der größte Raum im Schloss ist der so genannte ´Saal des Tschechischen Quartetts´. Hier haben sich die Musiker des Quartetts auf ihre erste Tournee vorbereitet. Das Wohnzimmer der Familie Hlávka kann man auch besichtigen. Das Interieur der Räume ist im Neorenaissancestil eingerichtet. Die Schlossräumlichkeiten wurden in den letzten Jahren schon einige Mal von den Filmemachern genutzt: Es wurde hier beispielsweise ein Film über Rasputin gedreht. Ein Arbeitszimmer stand im Schloss schon immer dem Präsidenten der Tschechischen Akademie der Wissenschaften zur Verfügung. Er konnte zu jeder Zeit hierher kommen, um hier in Ruhe zu arbeiten. Absurderweise haben auch die kommunistischen Präsidenten der Akademie die Möglichkeit, im Schloss zu arbeiten, einst genutzt.“

Über Hlávka wird behauptet, dass er sehr sparsam war, obwohl er andererseits ein großzügiger Kunstmäzen war. Haben Sie als Mitarbeiter der Stiftung und ein Hlávka-Kenner auch darüber gehört?

„Er achtete schon darauf, wen oder was er finanziell unterstützt. Bei der Förderung von Kultur- und Bildungsaktivitäten war er wirklich großzügig. Es wird aber beispielsweise erzählt, dass er die Bitte der Köchin ums Geld ablehnte, wenn sie einen neuen Topf für die hiesige Küche kaufen wollte. Denn dies hielt er nicht für notwendig.“

Das Schloss Lužany war bis vor kurzem nur bei feierlichen Gelegenheiten für die Öffentlichkeit geöffnet. Außerdem konnte man das Schloss besichtigen, wenn man den Besuch im Voraus mit den Verwaltern vereinbarte. In diesem Jahr wird das Schloss anlässlich des Jubiläumsjahrs von Josef Hlávka im Sommer geöffnet sein.

Fotos: Autorin