Schwanger mit einem fremden Baby: Klinik vertauscht Embryonen

Foto: ČT24

In einer tschechischen Klinik für künstliche Befruchtung ist es zu einer folgenschweren Verwechslung gekommen: Zwei Embryonen wurden vertauscht, und die Mütter tragen nun ein fremdes Baby aus. In Tschechien ist das ein Präzedenzfall.

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Zu dem Irrtum ist es bereits im vergangenen Jahr in der Klinik Reprofit in Brno / Brünn gekommen. Betroffen sind zwei Frauen aus dem EU-Ausland. Beiden wurde die befruchtete Eizelle der jeweils anderen eingepflanzt. Die Klinik selbst hat schon im Dezember das Staatliche Institut für Medikamentenkontrolle (SÚKL) über den Vorfall informiert. Laut der Sprecherin des Instituts, Lucie Přinesdomová, wird nun eine Kontrolle in der Klinik durchgeführt:

„Aufgrund der Informationen, die uns bisher zur Verfügung stehen, können wir einen Systemfehler höchstwahrscheinlich ausschließen. In dem Fall hat wohl eine Einzelperson versagt.“

Matěj Stejskal  (Foto: ČT24)
Die Klinik gehört der Firma FutureLife. Ihr Vorstandsmitglied Matěj Stejskal ist mit dieser Erklärung einverstanden.

„Wir haben selbstverständlich sofort Schritte unternommen, um die Sicherheit zu erhöhen. Das heißt eine doppelte Kontrolle eingeführt.“

Pavel Trávník, der führende klinische Embryologe vom Prager Institut für Facharztausbildung, sieht das Problem aber woanders liegen:

„Gerade das System in einer Klinik soll Verfehlungen von Einzelpersonen verhindern. Man muss so vorgehen, dass Vertauschungen ausgeschlossen sind. Dabei werden Strichkodes, Farbkodes oder das sogenannte Witnessing genutzt. Das heißt, dass ein Embryologe die Arbeit seines Kollegen kontrolliert. Er liest ihm zum Beispiel den Namen und die Identifikationsnummer vor, um eine Vertauschung zu verhindern.“

Pavel Trávník  (Foto: Archiv von Pavel Trávník)
Außerdem müssten entsprechende Arbeitsbedingungen für klinische Embryologen geschaffen werden, betont Trávník.

„Die Ärzte können nicht wie am Laufband in einer Fabrik arbeiten. Dies ist eine sehr individuelle Arbeit, die hohe Konzentration fordert. Ein Embryologe darf nicht gestört werden, er sollte während der Arbeit nicht ans Telefon gehen und auch nicht von anderen Mitarbeitern etwa mit Fragen angesprochen werden.“

Die Regeln seien gesetzlich sehr streng festgelegt, unterstrich Trávník. Es gehe darum, dass man sich in allen Kliniken an diesen Regeln halte. In den meisten Einrichtungen sei dies der Fall.

Illustrationfoto: Martin Němec
Als sehr schwerwiegend betrachtet Ondřej Dostál die Verfehlung. Er ist Rechtsexperte für den Bereich Medizin. Denn ein solcher Fehler könne Einfluss auf die Psyche der beteiligten Eltern und Kinder haben:

„Nach den tschechischen Gesetzen gilt, dass diejenige Frau Mutter ist, die das Kind gebärt. Nicht also die biologische Mutter, sondern die, die das Baby zur Welt bringt.“

Die beiden Frauen können sich darauf einigen, sich ihre biologischen Kinder nach der Geburt „zurückzutauschen“. Der Prozess kann aber mehrere Monate dauern. Der Klinik in Brünn droht eine Geldstrafe in Höhe von drei Millionen Kronen (111.000 Euro). Außerdem lässt sich erwarten, dass die beiden Elternpaare eine Zivilklage gegen sie einreichen.

Illustrationfoto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Beim Brünner Fall handelt es sich um die erste Vertauschung von Embryonen hierzulande. Bekannt ist aber ein anderer Fall von 2006: Damals wurden zwei Neugeborene in einer Geburtsklinik in Třebíč verwechselt. Die Elternpaare einigten sich später auf einen Austausch ihrer Töchter. Seit dem ersten Lebensjahr leben die Mädchen bei ihren biologischen Eltern.

Dank der In-Vitro-Befruchtung kommen in Tschechien jährlich über 5000 Babys zur Welt. Insgesamt leben hierzulande über 100.000 Menschen, die durch diese Methode zur Welt gekommen sind. Weitere 3000 Kinder, die an tschechischen Kliniken gezeugt wurden, leben im Ausland.