Fehlende Kindergartenplätze: In Tschechien sollen nachbarschaftliche Betreuungsgruppen eingeführt werden
Eine erfolglose Suche nach einem Kindergartenplatz – diese Erfahrung machen in Tschechien nicht wenige junge Eltern. Die Regierung bringt darum ein Gesetz auf den Weg, das eine nachbarschaftliche Betreuung von Kleingruppen unter einheitlichen Regeln ermöglicht.
In Tschechien hat jedes Kind ab drei Jahren Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Die bestehenden Einrichtungen können diese gesetzliche Vorgabe aber nicht abdecken. Eine Datenanalyse des Tschechischen Rundfunks hat vergangenen Herbst belegt, dass es die wenigsten freien Plätze im Kreis Mittelböhmen und in der Gegend von Brno / Brünn gibt. In kleineren Gemeinden und Dörfern fehlen Betreuungsangebote für Kleinkinder oft komplett.
„Ich habe festgestellt, dass ich für die Einschreibung in den Kindergarten ab nächsten Herbst schon fast zu spät dran bin. Also versuche ich nun, mich dahinterzuklemmen. Viel Hoffnung mache ich mir aber nicht, denn ich brauche ja gleich zwei Plätze.“
Adéla aus Dobřichovice / Dobřichowitz hat Zwillinge, die demnächst zwei Jahre alt werden. Wenn sie – wie in Tschechien üblich – nach drei Jahren Mutterschaftsurlaub wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren will, muss sie bald eine Betreuung finden.
Damit junge Eltern bald nicht mehr vor dem gleichen Problem stehen wie Adéla, hat sich die tschechische Regierung am Mittwoch auf eine Novelle des Gesetzes zu betreuten Kindergruppen geeinigt. Damit werden die Stadt- und Gemeindeverwaltungen in die Pflicht genommen. Ab 2026 sollen sie nämlich freie Plätze in betreuten Gruppen schaffen für jene Kinder, die nach ihrem dritten Geburtstag nicht im eigentlich zuständigen Kindergarten unterkommen. Als Ersatz regelt der Entwurf die Einrichtung einer sogenannten nachbarschaftlichen Betreuung. Bis zu vier Kinder sollen dabei tagesüber in die Obhut eines Betreuers übergeben werden. Diese Funktion kann etwa jemand von den Eltern oder Großeltern übernehmen, und das sogar bei sich zu Hause. Marian Jurečka (Christdemokraten), Minister für Arbeit und Soziales, sagte dazu in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Dank der Ergänzung durch die Nachbarschaftsgruppen sowie durch die verpflichtenden Bedingungen für Kinder ab drei Jahren sollte es dann wirklich nicht mehr passieren, dass Eltern mit dreijährigen Kindern nicht in die Arbeit zurückkehren können, weil sie keinen Platz im Kindergarten oder aber in einer betreuten Gruppe gefunden haben.“
Die nachbarschaftliche Betreuung soll den Plänen zufolge durch staatliche Gelder sowie durch Elternbeiträge finanziert werden. Sie sei allerdings nur eine Ergänzung der bereits bestehenden Einrichtungen, von denen die Kindergärten den Hauptpfeiler darstellten, betont Jurečka.
Seit 2014 sind zusätzlich auch sogenannten Kindergruppen (dětské skupiny) gesetzlich anerkannt. In ihnen können drei Erzieher bis zu 24 Kinder aufnehmen. Daniela Celerýnová leitet die Vereinigung der Betreiber von Kindergruppen und hat sich an der Ausformulierung der Gesetzesnovelle beteiligt. Diese würde das ohnehin schon genutzte private Babysitten unter Nachbarn formalisieren:
„Das neue Modell ist sicher eine Motivation für diese Menschen, die Betreuung professioneller zu organisieren. Denn die Aufsichtspersonen bei der nachbarschaftlichen Betreuung müssen künftig eine fachliche Qualifikation haben, die etwa durch einen Erzieherkurs erlangt werden kann. Weitere Voraussetzungen sind ein sauberes Vorstrafenregister und medizinische Grundkenntnisse.“
Kritik äußert Celerýnová allerdings dahingehend, dass für die Aufsichtsperson kein Ersatz vorgesehen sei, wenn sie durch Krankheit oder ähnliches ausfällt. Und weitere Vertreter vom Fach wenden ein, dass es durch die nachbarschaftliche Betreuung zu Defiziten bei der Vorschulbildung der Kinder kommen könnte. Minister Jurečka hält dagegen:
„Dazu wird es nicht kommen. Dieses Modell, über das hierzulande schon seit zehn Jahren gesprochen wird, haben wir von Deutschland übernommen. Dort funktioniert es seit langem sehr gut. Die gesetzliche Verpflichtung zu einem Jahr Vorschulbildung bleibt ja hierzulande bestehen. So lange muss ein Kind mindestens in einen Kindergarten gehen. Oder die Eltern müssen durch regelmäßige Tests belegen, dass die Kinder gut auf die Grundschule vorbereitet sind.“
Kann ein dreijähriges Kind weder im Kindergarten noch in einer betreuten Gruppe untergebracht werden, muss die Gemeindeverwaltung den Familien laut Entwurf ab 2026 eine monatliche Aufwandsentschädigung zahlen. Diese kann nach derzeitigem Stand bis zu 5090 Kronen (206 Euro) betragen – ist aber daran gebunden, dass die Eltern einen Arbeitsplatz haben, an den sie zurückkehren wollen.
Die Gesetzesnovelle geht nun an das Abgeordnetenhaus, dann an den Senat.